Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 10.04.2025, Seite 10 / Feuilleton
Rosa-Luxemburg-Preis

»Permanente Grenzüberschreitung wäre langweilig«

Über Gott, die Arche Noah, seinen alten Herrn und Jimi Hendrix. Ein Gespräch mit Ben Becker
Von Hagen Bonn
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»Die Dialektik spielt auch hier eine große Rolle« – Ben und Rolf Becker (1987)

Die jW haute passend zum 1. April heraus: Die Bibel würde nun ungekürzt als Hörspiel in 734 einstündigen Folgen herausgebracht. »Für die Hauptrollen wurden namhafte Schauspieler engagiert, darunter Ben Becker als Gott …« Ich denke, dass das überhaupt Ihre Rolle wäre. Was würden Sie als Gott zuerst unternehmen?

Ich würde wohl bei Noah anrufen und ihm raten, sich baldmöglichst mit den Konstruktionsplänen für eine Neuauflage seines Schiffes zu beschäftigen. (Ist Tannenholz wirklich das richtige Material?)

Neulich las ich, Sie gelten »als einer der wenigen unangepassten, unabhängigen Schauspieler, die in der Kunst den Mut haben, alle Grenzen zu überschreiten …«. Aber sollte Kunst nicht eine permanente Grenzüberschreitung sein? Ihr Vater, der erste Preisträger des Rosa-Luxemburg-Preises, würde vielleicht meinen, dass das politische Milieu Deutschlands das gar nicht zuließe. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Das müssen Sie meinen alten Herrn schon selbst fragen. Ich denke, eine permanente Grenzüberschreitung wäre auf Dauer langweilig und dumm. Aber hier und da Fragen in den Raum zu stellen, halte ich, als Schauspieler und Regisseur, für existentiell und unabdingbar.

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Immer in Kontakt: Rolf und Ben Becker (2020)

Ihr Vater, Rolf Becker, soll am kommenden Wochenende hauptsächlich wegen seines konsequenten politischen Auftretens geehrt werden. Aufgewachsen sind Sie aber bei Ihrer Mutter und dem legendären Otto Sander. Welche Rolle spielte Politik in dieser Familie und wussten Sie vom politischen Engagement Ihres Vaters?

Selbstverständlich wusste man voneinander, wir standen ja immer in Kontakt und Austausch. Dennoch stellte sich die Frage: Konsequentes politisches Auftreten, oder spielen wir lieber Theater? Ich denke aber, die Dialektik spielt auch hier eine große Rolle.

Rosa Luxemburg soll einmal gesagt haben »Nur wer sich bewegt, spürt seine Fesseln«. 40 Jahre als Künstler auf der Bühne und vor der Kamera, da muss man sich zwangsläufig bewegen. Spürten Sie Fesseln? Und welche Art von Fesseln?

Frei bin ich nur, wenn ich Jimi Hendrix höre.

Verleihung des Rosa-Luxemburg-Preises an Rolf Becker, Sonnabend, 12. April, Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin. Beginn: 15 Uhr, Einlass ab 14.30 Uhr, Eintritt: 15 Euro (ermäßigt), 23 Euro (normal), 30 Euro (soli)

Ben Becker wurde 1964 in Bremen als Sohn der Schauspielerin Monika Hansen und des Schauspielers Rolf Becker geboren. Zusammen mit seiner Mutter, deren Mann, dem Schauspieler Otto Sander, und seiner Schwester Meret wuchs er u. a. in Westberlin auf. Becker spielte bislang in über 80 Film- und Fernsehproduktionen und wirkte in vielen Theaterinszenierungen und Soloprogrammen. Am 12. April tritt er bei der Verleihung des Rosa-Luxemburg-Preises an Rolf Becker auf.

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