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Aus: Ausgabe vom 12.04.2025, Seite 1 / Ausland
Konflikt in Osteuropa

Nachschub für Ukraine-Krieg

Ramstein-Gruppe verspricht Kiew bei Treffen in Brüssel weitere Waffenlieferungen
Von Reinhard Lauterbach
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Irgendwas gibt es immer zu unterschreiben: Die Verteidigungsminister John Healey (l., Großbritannien), Rustem Umjerow (M., Ukraine) und Boris Pistorius (r., BRD) am Freitag in Brüssel

Ohne direkte US-Beteiligung fand am Freitag in Brüssel das jüngste Treffen im sogenannten Ramstein-Format statt. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth war lediglich online zugeschaltet. Den Vorsitz führten Großbritannien und die Bundesrepublik. Im Ramstein-Format treffen sich Staaten, die die Ukraine mit Waffen versorgen. Der noch amtierende Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte der Ukraine die Lieferung weiterer vier Flugabwehrsysteme »Iris-T«, 30 Raketen für das US-amerikanische »Patriot«-System, 100.000 Artilleriegranaten und 15 Panzer des veralteten Typs »Leopard 1« zu.

Das modernere Modell »Leopard 2 A6« hat sich dagegen nach einem internen Vermerk der Bundeswehr im Ukraine-Krieg nicht bewährt. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) vom Donnerstag soll der Panzer störanfällig und nicht in Frontnähe zu reparieren sein. Ähnliches gelte für die Panzerhaubitze 2000. Dass dieses Geschütz nicht für Dauerfeuer geeignet sei, weil sich die Rohre unter Hitzeeinwirkung verzögen, hatten ukrainische und russische Medien schon 2023 berichtet. Auch an dem Flugabwehrsystem »Patriot« gab es laut SZ interne Kritik: Die Waffe sei gut, aber das von der Bundeswehr verwendete Trägerfahrzeug »veraltet«. Pistorius zeigte sich am Rande des Brüsseler Treffens am Freitag überrascht: Er sei in »regelmäßigem Austausch mit unseren ukrainischen Partnern, und Meldungen wie diese oder Beschwerden über unser Material sind mir nicht bekannt geworden«.

Auf Hindernisse stoßen offenbar die Bemühungen Frankreichs und Großbritanniens, eine Friedenstruppe für die Ukraine zusammenzustellen. AFP hatte am Donnerstag gemeldet, von den 30 angesprochenen westlichen Staaten seien nur sechs bereit, Truppen zu entsenden. Neben Frankreich und Großbritannien seien das die drei baltischen Staaten. Diese würden jedoch zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallen. Wer der sechste Interessent ist, ließ die Agentur offen. Haupthindernis für die Beteiligung weiterer Staaten sind anscheinend bisher ausgebliebene US-Garantien für die künftige Sicherheit der Ukraine.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Oliver S. aus Hundsbach (12. April 2025 um 19:20 Uhr)
    Der designierte Bundeskanzler hat die Marschrichtung(Richtlinienkompetenz) vorgegeben und wird im Handelsblatt so zitiert: »Das russische Volk ist in seiner ganzen Geschichte unglaublich leidensfähig gewesen. Der rücksichtslose Verschleiß von Menschen ist immer auch Teil der russischen Politik gewesen«! Das Zitat zeigt wie fanatisch die europäischen Polit-Desperados das Ziel des »Endsieges« über Russland verfolgen und an ihn glauben. Dafür müssen natürlich weiterhin Waffen von der NATO geliefert und ukrainische Menschen verheizt werden. Es ist zu hoffen, dass Merz und Co. diese unverschämten und von grober Geschichtsklitterung triefenden Sätze, eines hoffentlich nahen Tages, auf die Füße fallen. Russland soll wirtschaftlich, nach dem Muster des kalten Krieges, in den volkswirtschaftlichen Ruin gerüstet werden. Die Rechnung wird aber diesmal nicht aufgehen.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. April 2025 um 10:25 Uhr)
    Deckmantel »Hilfe«: Das sogenannte Ramstein-Format ist die Nachfolgestruktur der Ukraine-Kontaktgruppe, die am 26. April 2022 zur »Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine« erweitert wurde. Offiziell handelt es sich um eine militärische Koordinierungsplattform, in der NATO-Staaten und ihre Partner ihre Waffenlieferungen an die Ukraine abstimmen. Auffällig dabei: Häufig werden veraltete oder ausgemusterte Waffensysteme geliefert – oftmals ohne klare vertragliche Rahmenbedingungen. Das schafft eine intransparente Lage, in der die finanziellen Lasten später nach Belieben abgerechnet werden können. Die jüngsten Zusagen weiterer Waffenlieferungen aus Deutschland werfen Fragen zur tatsächlichen militärischen Wirksamkeit auf. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass es sich um einen Teil der systematischen Ausmusterung und gleichzeitigen Modernisierung der NATO-Waffenarsenale handelt – ein strategischer Umbau unter dem Deckmantel der »Hilfe«. Die von Frankreich angestoßene Idee, westliche Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden, wirkt hingegen eher wie ein symbolpolitisches Manöver denn wie ein realistischer Vorschlag. Ein Friedensszenario ist aktuell nicht absehbar, und eine Stationierung westlicher Truppen auf ukrainischem Restterritorium wäre für Russland vollkommen inakzeptabel. Die Initiative scheint daher vor allem darauf abzuzielen, Frankreich und das Vereinigte Königreich als sicherheitspolitisch handlungsfähig erscheinen zu lassen – ein Versuch, Einfluss zu demonstrieren, der jedoch mit der geopolitischen Realität kaum in Einklang steht.