»Der Apparat ist sich einig«
Interview: Marc Bebenroth
Nachdem Regierungsmitglieder der Linkspartei in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern für den Aufrüstungsgesetzentwurf im Bundesrat gestimmt hatten, hat Klasse gegen Klasse zu einem offenen Treffen per Onlinekonferenz geladen. Warum war Ihnen die Diskussion so wichtig?
Aktuell gibt es viel Widerstand in der deutschen Linken. Es ist wichtig, mit allen zu sprechen, die man dafür erreichen kann. Wir waren am Donnerstag vergangener Woche rund 50 Teilnehmende, darunter Mitglieder der Linkspartei, aber auch Leute, die vielleicht mal in deren Umfeld aktiv waren und nun dem Aufruf folgten, etwas gegen die Aufrüstung zu tun.
Ich war bis 2022 Mitglied der Linksjugend und bin im Rahmen des revolutionären Bruchs, den Klasse gegen Klasse mitorganisiert hat, ausgetreten. Viele Leute kenne ich noch, die Teil der Linkspartei und Linksjugend waren. Da gibt es viele, die mit dem Aufrüstungskurs und der Kürzungs- sowie der Abschiebepolitik nicht einverstanden sind. Diese Menschen müssen in Bewegung gebracht und organisiert werden. Dem Zweck diente auch die Diskussion vom 10. April.
Waren auch Linke-Mitglieder aus Bremen oder Mecklenburg-Vorpommern dabei?
Leider nicht, aber das wird hoffentlich in der Zukunft kommen, wenn wir weitere Treffen machen und Aktionen organisieren.
Wie verlief die Diskussion aus Ihrer Sicht?
Wir haben über die aktuelle Situation gesprochen, welche Angriffe auf die Arbeiterklasse mit der Merz-Regierung zukommen und was die Aufrüstung bedeutet. Wir sprachen auch darüber, wie skandalös der Umgang der Führung der Linkspartei damit ist: nicht nur die Zustimmung aus Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, sondern auch Gregor Gysi zum Beispiel, der sinngemäß sagte, Deutschland müsse sich jetzt verteidigen und die Demokratie schützen gegen die autoritäre Bedrohung aus Russland und den USA.
Im Zuge der Bundestagswahl wechselte das Spitzenpersonal der Linkspartei. Halten Sie die von Ihnen kritisierten – älteren – Akteure noch für tonangebend?
Der Apparat ist sich einig. Die artikulieren das auf verschiedene Weise. Gysi war sehr direkt. Bodo Ramelow hat sich in der Vergangenheit auch für die Wehrpflicht geäußert. Ines Schwerdtner und Jan van Aken (amtierende Bundesvorsitzende, jW) decken solche Positionen, indem sie zu ihnen schweigen. Es gibt niemanden so richtig, der sich hinstellt und der Führung sagt: »Das mache ich nicht mit!«. Heidi Reichinnek (Fraktionsvorsitzende im Bundestag, jW) erklärte, die Abstimmung im Bundesrat finde sie schlecht, doch sie störte sich daran, dass die Schuldenbremse nicht gekippt wurde und dass es nicht genug Investitionen in Soziales gibt. Als würde die krasse Aufrüstung nicht mit den Sozialkürzungen zusammenhängen!
Erwarten Sie klare Widerworte auf dem anstehenden Parteitag am 9. und 10. Mai in Chemnitz?
Wir wollen eine Kundgebung vor dem Parteitag machen. Aus der gemeinsamen Initiative mit Linkspartei-Strukturen entsteht gerade ein Antrag, der den Ausschluss der Kriegstreiber aus der Partei fordert. Eine unserer kommenden Veranstaltungen soll eine Podiumsdiskussion sein, in deren Rahmen wir noch mal verstärkt darüber diskutieren, welche Strategien es gegen die Aufrüstung braucht, wie man sich organisieren muss. Alle, die konsequent gegen Aufrüstung sind, aber auch zum Beispiel an der Seite Palästinas stehen, lade ich herzlich ein, mit uns gemeinsam in Aktion zu treten. Wer aber »Business as usual« in der Linkspartei macht, trägt diese Äußerungen der Spitze mit. Unser nächstes Treffen wird am 23. April stattfinden, wieder per Zoom um 18.30 Uhr.
Das klingt nach klassischer »Aktionseinheit« …
Wir wollen diskutieren, Haltung beziehen und gemeinsam mit allen Linken, die eine wirkungsvolle Opposition gegen diese Regierung aufbauen wollen, genau das tun. Wir machen Politik für die Arbeiterinnen, für die Jugend, für alle Unterdrückten in Deutschland. Das macht ein Gregor Gysi nicht. Denn was da verteidigt werden soll, sind in Wahrheit die Profite von Rheinmetall, RWE und Volkswagen. Dagegen braucht es eine möglichst breite Front.
Tom Krüger ist aktiv in der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) und schreibt für das antikapitalistische Onlineportal Klasse gegen Klasse
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Annegret Hilse/REUTERS25.03.2025
Brodeln in der Linkspartei
- IMAGO/Karina Hessland (Montage jW)22.03.2025
Bye-bye, Friedenspartei
- Stefan Boness/IPON21.03.2025
Offener Brief von Linke-Mitgliedern an Linke-Minister und -Senatoren in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern
Mehr aus: Inland
-
Besetzung gegen Besatzung
vom 17.04.2025 -
Zurück bleiben die Kränze
vom 17.04.2025 -
Schmerzhafter Prozess
vom 17.04.2025 -
»Triage« im Brückenbau
vom 17.04.2025 -
Streit unter Ärzten
vom 17.04.2025 -
»Matratzen wurden jahrelang nicht gewechselt«
vom 17.04.2025 -
Fraktion Die Linke Hamburg: »Wer in Uniform hetzt, hat wenig zu befürchten«
vom 17.04.2025 -
Gedenken an den Seelower Höhen
vom 17.04.2025