Brodeln in der Linkspartei
Von Max Grigutsch
Die gute Stimmung der Partei Die Linke nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl im Februar schwindet. Hintergrund ist das Abstimmungsverhalten zweier Bundesländer mit Linker Regierungsbeteiligung (Bremen und Mecklenburg-Vorpommern) im Bundesrat. Nachdem die Linkspartei-Gruppe im Bundestag noch vergangenen Dienstag geschlossen gegen die Grundgesetzänderungen zum Zwecke der historischen Aufrüstung der BRD gestimmt hatte, votierten die Linken im Bundesrat am Freitag in ihren jeweiligen Koalitionen für das Vorhaben von Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Klare Worte dazu fand am Sonnabend die Linksjugend Berlin in einer öffentlichen Stellungnahme. Sie fordert die federführenden Landespolitikerinnen – Kristina Vogt und Claudia Bernhard (Bremen), sowie Simone Oldenburg und Jacqueline Bernhardt (MV) – auf, von ihren »Ministerinnenposten zurückzutreten und aus der Partei Die Linke auszutreten«.
Die Parteijugend in Berlin zeigte sich in ihrem Schreiben »enttäuscht, irritiert und wütend«. Das Verhalten der Landespolitiker sei »einer demokratisch-sozialistischen Mitgliederpartei nicht würdig«. Gegenüber junge Welt betonte der Jugendverband am Montag die Relevanz einer sozialistischen Partei, die »keine Kompromisse bei der Militarisierung der Gesellschaft« macht und verwies dabei auf die Mitwirkung der deutschen Regierung am Genozid in Palästina. Auf ihre Stellungnahme hätten sie positive Rückmeldung erhalten. »Jetzt ist es an Jan van Aken und Ines Schwerdtner sowie dem Parteivorstand zu beweisen, dass Verstöße gegen das antimilitaristische Programm der Partei verurteilt werden und Konsequenzen folgen«, so der Berliner Jugendverband weiter.
Bezug nahm die Berliner Jugendgliederung am Sonnabend auch auf Stellungnahmen der Landesverbände Bremen und MV, die »landespolitische Verantwortung« zur Rechtfertigung ihres Abstimmungsverhaltens anführten und darauf verwiesen, dass sie ihre Kritik im Protokoll vermerkt hätten. Auf eine Anfrage von jW reagierten die jeweiligen Landesverbände bis Redaktionsschluss nicht.
Laut Maxi Kisters vom Studierendenverband der Partei, Die Linke.SDS, habe »der absolute Großteil der Partei, bis hin zum Parteivorstand, in dieser Frage eine klare Haltung«. Das Mitglied des SDS-Bundesvorstands kommentierte am Montag gegenüber jW, dass man »die Zustimmung seitens der Länder, die schon länger Illusionen über Wandel durch Regierungsbeteiligung hegen« verurteile und von der Parteiführung erwarte, »dass Konsequenzen über diese Strategie daraus gezogen werden«. Nicht nur in der Jugend rumort es. In einer Pressemitteilung aus dem Linke-Kreisverband Vorpommern-Rügen heißt es, es gäbe »großes Unverständnis«, Konsequenzen seien zu ziehen.
Schon vor der Abstimmung im Bundesrat hatte es in der Partei gebrodelt. Am Wochenende vor der Abstimmung im Bundestag veröffentlichten Linke-Mitglieder eine antimilitaristische Wortmeldung. Am Dienstag hatte es dann »Signale« aus Bremen gegeben, dass die Zustimmung der Landesregierung im Bundesrat als gesichert gelte. Daraufhin machte sich Widerstand breit. In einem offenen Brief forderten Parteimitglieder »ein klares Nein« von den beteiligten Landespolitikerinnen, über 2.600 Einzelpersonen und über 60 Parteigliederungen unterschrieben die Petition.
Der Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform in der Linkspartei kritisierte das Abstimmungsverhalten gegenüber jW am Montag scharf: »Das Abstimmungsverhalten der linken Minister bzw. Senatoren in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Bremen – trotz anderslautendem Vorstandsbeschluss – ist eine Schande. Es gibt dafür nur eine Erklärung: Die betreffenden Funktionsträger haben ausschließlich ihre eigene Karriere im Sinn. Die Partei interessiert sie anscheinend einen Dreck. Und dass es um den Frieden geht, haben sie – freundlich formuliert – intellektuell offensichtlich noch nicht erfasst.«
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Mit dieser Entscheidung aus Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ist die Linke als eine Friedenspartei kaum noch wahrzunehmen und sie hat an Glaubwürdigkeit verloren. Wenn der Bundesvorstand jetzt nicht Klartext spricht und sich die Genossinnen und Genossen ernsthaft zur Brust nimmt, dann wird die Linke als eine sozialistische, antikapitalistische und Friedenspartei endgültig an Glaubwürdigkeit verlieren! Es wird Zeit, dass die Linke sich von Posteinjägern löst, die anscheinend ihre Schäfchen in Trockne bringen wollen und dazu auch wahnsinnige Grundgesetzänderungen von Union, SPD und Grünen bereitwillig zustimmen! Immer öfters frage ich mich, ist das noch meine Partei?