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Aus: Ausgabe vom 17.04.2025, Seite 4 / Inland
Verfahren gegen Daniela Klette

Schmerzhafter Prozess

Verfahren gegen Daniela Klette: Zeugen des Überfalls in Stuhr sprechen von drei Männern.
Von Ariane Müller
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Die Angeklagte Daniela Klette (M.) begrüßt ihre Anwälte im Gerichtssaal (Celle, 15.4.2025)

Am Dienstag, dem dritten Prozesstag gegen das mutmaßliche ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion, Daniela Klette, vor dem Landgericht Verden haben ihre Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich Klinggräff erneut Anträge auf Grundlage der Anträge des ersten Prozesstags gestellt. Die Anwälte forderten, dass das Verfahren gegen Klette eingestellt bzw. ausgesetzt und der Haftbefehl gegen Klette aufgehoben wird. Die Verteidigung möchte die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu Klettes Rolle bei RAF-Anschlägen in den Jahren 1990 bis 1993 abwarten. Außerdem beantragten die Verteidiger, Einsicht in die bisherigen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu bekommen.

Die beiden Verfahren, also der aktuelle Prozess wegen der Geldbeschaffungsaktionen und die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, werden quasi in einen Topf geworfen, der Inhalt dann verrührt, um schließlich die Stücke herauszufischen, die das Bild einer »Mörderin« und »Terroristin« ergeben.

Am Dienstag wurde auch der erste Zeuge vernommen, einer der beiden Fahrer des Geldtransporters, der am 6. Juni 2015 in Stuhr-Groß Mackenstedt im niedersächsischen Landkreis Diepholz überfallen wurde. Nach knapp zehn Jahren hatte er zwar etliche Gedächtnislücken, sagte aber aus, dass drei »sportliche« Männer zwischen 20 und 40 Jahren den Überfall begangen hätten und dass diese dem Akzent nach aus einem osteuropäischen Land stammen würden. Das deckt sich mit der Aussage, die der inzwischen verstorbene zweite Fahrer bei seiner Vernehmung zu Protokoll gegeben hatte. Diese wurde am Mittwoch verlesen. Auch die anderen am selben Tag gehörten Zeugen teilten diese Einschätzung. Von der Beteiligung einer Frau an den Überfällen war keine Rede.

Die Anwälte machten das Gericht zudem auf die Schmerzen aufmerksam, unter denen Klette leidet, da sie auf den Fahrten zwischen Gefängnis und Gericht – angeblich zum Selbstschutz –gegen ihren erklärten Willen eine schwere Bleiweste tragen muss und an den Händen und Füßen gefesselt ist. Dadurch leidet Klette an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich. Die Anwälte argumentieren, es sei nur eine Frage der Zeit, bis durch die anhaltenden Schmerzen Klettes Konzentration nachlasse, so dass sie dem Prozess wohl nur noch bedingt folgen kann. Der nächste Prozesstermin ist für den 29. April angesetzt.

Daniela Klette wird vorgeworfen, zwischen 1999 und 2016 – also nach der Auflösung der RAF – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein. Seit dem 25. März 2025 läuft der Prozess gegen Klette im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichtes (OLG) in Celle. Dort soll er noch bis Mitte Mai stattfinden, ehe der Prozess dann ab Ende Mai in Verden-Eitze fortgesetzt wird. Celle ist auch bekannt geworden durch das sogenannte Celler Loch, ein vom niedersächsischen Verfassungsschutz verübter Anschlag. Am 25. Juli 1978 wurde ein Loch in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle gesprengt, um die misslungene Befreiung von Sigurd Debus, einem Gefangenen aus dem RAF-Umfeld, vorzutäuschen. Der Geheimdienst wollte auf diesem Weg einen Spitzel in die Stadtguerilla einschleusen. Debus starb im April 1981 während eines Hungerstreiks – möglicherweise an den Folgen der ärztlichen Zwangsernährung.

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