Wettlauf ins All
Von Kim Nowak
Der Weltraum wird zunehmend zum Spielball staatlicher und privater Akteure. Während der faschistoide Hightechmilliardär Elon Musk das All privatisieren und den Mars kolonisieren will, beansprucht auch das westliche Kriegsbündnis NATO den Raum. Das widerspricht zwar dem Weltraumvertrag der Vereinten Nationen von 1967, der besagt, dass das All allen zur friedlichen Nutzung zur Verfügung steht und kein Akteur exklusive Ansprüche erheben darf; doch seit wann interessiert den »Wertewesten« internationales Recht? In einem Interview mit der Welt am Sonntag hat NATO-Chef Mark Rutte jüngst Ängste davor geschürt, dass Russland im Weltall Atomwaffen gegen Satelliten einsetzen könnte.
Auch die Schweiz hat sich in die Debatte eingebracht, um als »neutrale« Vermittlerin den Konflikt zu lösen. Denn für die NATO ist das Weltall »operative Domäne«, in der der Bündnisfall gilt. Die Allianz wirft Russland vor, 2022 im Rahmen des Ukraine-Kriegs das Satellitennetz angegriffen zu haben, um den Internetverkehr zu kappen. Im Jahr zuvor hatte Moskau zur Probe einen eigenen Satelliten abgeschossen. Im Dezember 2022 dann verabschiedete die UNO eine Resolution gegen Tests von Antisatellitenraketen. Von den Staaten, die solche Waffen besitzen, stimmten nur die USA für die Resolution – Russland, China und Indien votierten dagegen.
Das Angebot der Schweiz ist nicht selbstlos, Bern verfolgt dadurch eigene Interessen. Jedes Jahr investiert es etwa 305 Millionen Franken (328 Millionen Euro) in die Raumfahrt. Darunter fallen auch Beiträge, die an die Europäische Raumfahrtagentur (ESA), die Europäische Agentur für meteorologische Satelliten (Eumetsat) und das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe fließen. Der Beitrag an die ESA beträgt 600 Millionen Franken (645 Millionen Euro) über drei Jahre. Die kleine Alpenrepublik will sich dadurch einen Namen im Weltraumsektor machen. Laut dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) versteht sich Bern als »eine der 20 aktivsten Nationen in der Raumfahrt«. Nichtsdestotrotz wird die Vermittlerrolle mit der »Neutralität« des Landes begründet. Natália Archinard, Verantwortliche für Raumfahrt des Auswärtigen Amtes, betonte am Sonnabend, das passe »sehr gut mit der traditionellen Rolle des Landes in der multilateralen Diplomatie zusammen«. Und laut Clémence Poirier, die an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich am Zentrum für Sicherheitsstudien forscht, habe die Schweiz »kein Interesse daran, einen Betreiber gegenüber einem anderen zu bevorzugen«. Die dreistelligen Millionenbeträge für EU-Projekte berücksichtigt sie wohl nicht.
Auch die heimische Raumfahrt will das Land nicht vernachlässigen. Zusammen mit dem kleinen Liechtenstein wurde jüngst das Center for Space and Aviation Switzerland and Liechtenstein (CSA) gegründet. Der Schwerpunkt liege auf der »Nutzung des erdnahen Weltraums für Forschung, Entwicklung und Produktion«, wie das Newsportal Züriost am vergangenen Freitag schrieb. Das »strategische Ziel« sei eine Zusammenarbeit »zwischen Wissenschaft und Industrie«. Die sogenannte New Space Economy soll Bern und Vaduz ein »optimales Umfeld für Startups sowie internationale Positionierung« ermöglichen. Sie wollen dabei nicht weniger als ein »Space Valley« werden. Bereits jetzt führt CSA Flugprogramme durch, mit deren Hilfe die Erde und die Atmosphäre beobachtet werden sollen. Gerade die zentrale Rolle von Industrie und Produktion macht CSA für andere Staaten attraktiv. Mit einem Standort am Kennedy Space Center in Florida nehme CSA mit »seinem hohen Forschungs- und Entwicklungsvolumen und über 50 Expertenteams« international eine »starke Position« ein, so Züriost weiter.
Kurz zusammengefasst: Kooperation vor allem mit westlichen Partnern, Ökonomisierung des Weltalls – die Vermittlerrolle der Alpenrepublik scheint alles andere als unvoreingenommen zu sein.
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