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Aus: Ausgabe vom 24.04.2025, Seite 6 / Ausland
Burkina Faso/ECOWAS

Putschversuch trübt Annäherung

Zum 50jährigen Jubiläum der westafrikanischen ECOWAS meldet Burkina Faso vereitelten Putschversuch und wirft Côte d’Ivoire Beteiligung vor
Von Bernard Schmid
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Stolz auf Unabhängigkeit und Eigenständigkeit: Feiern zur AES-Gründung (Segou, Mali, 6.2.2025)

Bitte kommt zurück: So lautet, kurz zusammengefasst, die Botschaft, die Ghanas neuer Staatspräsident John Mahama am Dienstag an die drei nördlichen Nachbarn Mali, Burkina Faso und Niger formuliert hat. Die drei Länder sind seit September 2023 in einer neuen Konföderation, der Allianz der Sahelstaaten (AES), zusammengeschlossen. Diese gibt inzwischen gemeinsame Ausweispapiere heraus und koordiniert die Politiken ihrer Mitgliedstaaten eng.

Seit dem 29. Januar gehören die AES-Länder nicht länger der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (französisch CEDEAO, englisch ECOWAS) an. Sie warfen ihr vor, zu sehr mit den neokolonialen Interessen Frankreichs verbunden zu sein. Mit der früheren Kolonialmacht haben die AES-Mitglieder beziehungsweise ihre seit 2020, 2022 respektive 2023 gebildeten Militärregierungen in den vergangenen fünf Jahren sukzessive gebrochen und Frankreichs Truppen zum Abzug gezwungen.

Die ECOWAS wiederum, der neben einer Mehrzahl von Ländern mit französischer Amtssprache – die Republik Niger hat diese vor kurzem durch Hausa ersetzt – auch englischsprachige Staaten wie Nigeria und Ghana angehören, startete nach dem Osterwochenende ihre Feierlichkeiten zur fünfzigjährigen Gründung. Aus diesem Anlass wandte sich Mahama an die drei Mitglieder der rivalisierenden Allianz im Norden. Auch Togo und Tschad hatten in jüngerer Zeit Interesse an einer Mitgliedschaft in der AES bekundet; die Republik Togo gehört ebenfalls der ECOWAS an. Eine Annäherung zwischen beiden regionalen Zusammenschlüssen ist nicht unmöglich, würde aber eine Kursänderung bei der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft erfordern, die derzeit von Widersprüchen durchzogen ist.

Eines der Hindernisse, das dem im Weg steht, ist die mutmaßliche Rolle der Côte d’Ivoire in ihrem unmittelbar nördlich angrenzenden Nachbarland Burkina Faso. Bis 1947 wurden beide Staaten als ein einheitliches Land behandelt und innerhalb der damaligen Kolonie Französisch-Westafrika (AOF) in einer einzigen Verwaltungsstruktur zusammengefasst, bevor in Paris ein Trennungsbeschluss gefasst wurde, den die im damaligen Obervolta und späteren Burkina Faso ansässigen Mossi-Könige eingefordert hatten. Am Montag abend gab die burkinische Militärregierung unter Übergangspräsident Ibrahim Traoré bekannt, einen in Teilen der Armee geplanten, großangelegten Putschversuch vereitelt zu haben. Innenminister Mahamadou Sana zufolge sollten demnach am Mittwoch der Vorwoche zentrale Gebäude wie der Präsidentenpalast gestürmt werden. Ein Dutzend teils hochrangige Offiziere und Unteroffiziere, unter ihnen Frédéric Ouedraogo und Élysée Tassembedo, sind in diesem Zusammenhang festgenommen worden.

»Die Gehirne sitzen alle in der Côte d’Ivoire«, führte Innenminister Sana dazu aus und nannte die flüchtigen Offiziere Joanny Compaoré und Abdramane Barry. Dies ist durchaus plausibel, da ein Teil der gegen die derzeitige, von jüngeren Offizieren geführte Militärregierung opponierenden alten Eliten Burkina Fasos seit längerem seine Operationsbasis in dem Nachbarland hat. Der im Oktober 2014 durch einen Massenprotest nach 27jähriger Herrschaft gestürzte Expräsident Blaise Compaoré lebt etwa in Côte d’Ivoire. Er hat auch die ivorische Staatsbürgerschaft erworben. Deswegen kann er nicht ausgeliefert werden, obwohl ihn in Burkina Faso eine langjährige Haftstrafe erwarten würde – unter anderem wegen seiner führenden Rolle bei der Ermordung seines progressiven Amtsvorgängers und ehemaligen Förderers Thomas Sankara. Lediglich zu ärztlicher Behandlung in Marokko und Katar verlässt Compaoré sein westafrikanisches Aufnahmeland. Auch einige der führenden Militärs während seiner Herrschaft sind dort untergekommen.

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