Gegründet 1947 Donnerstag, 24. April 2025, Nr. 95
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 24.04.2025, Seite 8 / Ausland
Abgeschrieben

Offener Brief gegen die Kriminalisierung der Solidarität mit Palästina

imago801739716.jpg
Anasse Kazib spricht auf einer Demonstration gegen die drohende Abschiebung eines Antifaschisten (Ile-de-France, 12.2.2025)

Tausend Persönlichkeiten aus aller Welt, darunter Yanis Varoufakis, Pablo Iglesias, Angela Davis, Ken Loach, Ferat Koçak, Nancy Fraser, Norman Finkelstein und Tariq Ali, solidarisieren sich in einem offenen Brief mit dem Gewerkschafter Anasse Kazib, der in Frankreich nach propalästinensischen Beiträgen auf sozialen Medien wegen »Verherrlichung des Terrorismus« angeklagt ist:

Während Trump propalästinensische Studenten der Columbia University angreift, sitzen 18 Aktivisten von »Palestine Action« in Großbritannien in Haft und warten auf ihren Prozess. Wissenschaftler werden weiterhin wegen ihrer politischen Äußerungen entlassen, sogar in der Schweiz, während die neue Regierungskoalition in Deutschland die derzeitige Offensive im Land weiter verschärfen will. In Frankreich wurde das Kollektiv »Palestine Vaincra« gerade aufgelöst, und feministische Demonstrationen wurden wegen der Anwesenheit propalästinensischer Organisationen verboten.

Vor diesem Hintergrund hat der französische Staat beschlossen, bei der Unterdrückung politischer Gegner einen Schritt weiterzugehen. Am 18. Juni werden zwei Aktivisten der Organisation »Révolution Permanente« wegen »Verherrlichung des Terrorismus« vor Gericht gestellt, darunter ihr Sprecher, der Eisenbahner, Gewerkschaftsaktivist der SUD Rail und ehemalige Präsidentschaftskandidat Anasse Kazib. Im April 2024 waren sie zusammen mit der EU-Parlamentarierin Rima Hassan, der Vorsitzenden der LFI-Fraktion in der Nationalversammlung, Mathilde Panot, und verschiedenen anderen Persönlichkeiten von der Anti-Terror-Polizei vorgeladen worden.

Während der Einsatz von Anti-Terror-Maßnahmen gegen Unterstützer Palästinas zur Normalität wird, ist der Straftatbestand der »Verherrlichung des Terrorismus« eine französische Besonderheit. (…) Seit dem 7. Oktober 2023 wird diese Bestimmung, die sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und von ehemaligen Anti-Terror-Richtern wie Marc Trévidic angefochten wird, dazu benutzt, um Studenten, Aktivisten, lokale Politiker, Gewerkschaftsführer wie Jean-Paul Delescaut von der CGT oder Intellektuelle wie François Burgat zu unterdrücken (…), die den Fehler begangen haben, eine andere Meinung als die Regierung zu vertreten.

Diese Strafpolitik geht mit einer tatsächlichen Verfolgung einher, die sogar so weit geht, dass gegen Persönlichkeiten wie Rima Hassan so harte Maßnahmen wie der Entzug der Staatsbürgerschaft verhängt werden. Die Verfolgung des Sprechers einer nationalen politischen Organisation ist jedoch beispiellos. Es handelt sich um einen echten Test für den Staat: Wenn es zu einer Verurteilung kommt, ist niemand mehr vor Verfahren geschützt, die es ermöglichen, Oppositionelle oder kritische Intellektuelle zu verurteilen, sie mit »Terrorismus« in Verbindung zu bringen, sie als solche zu registrieren oder sie für Wahlen zu sperren. (…) Der Kampf gegen die Unterdrückung des palästinensischen Volkes ist untrennbar mit dem Kampf gegen die Kriminalisierung seiner Unterstützer und gegen die Instrumente verbunden, die es ermöglichen, ein Meinungsdelikt einzuführen und den Kampf für Palästina mit Terrorismus in Verbindung zu bringen. In diesem Zusammenhang ist die Freilassung von Anasse Kazib und seinem Kameraden eine entscheidende Frage für die Solidaritätsbewegung. (…)

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche: