Ziel: Sozialbindung!
Von Oliver Rast
Hören will es keiner mehr: »Ziel verfehlt«. Allemal nicht in Sachen Wohnungspolitik. Denn Wohnraum ist scheiße knapp, zuallererst dauerhaft bezahlbarer. Und doch verfehlen verfehlte »Fachpolitiker« eigens gesetzte Vorgaben. Beständig. Wie in Berlin. Besonders in der Bundeshauptstadt. Und ganz besonders der zuständige Senatorendarsteller Christian Gaebler. Aber so richtig scheint der baupolitische Sozialdemokrat klaffende Baulücken nicht schließen zu wollen.
Gaeblers Credo: »Mein Ziel ist schon, dass wir nicht stark unter dem Vorjahr bleiben.« Pardon, »schon«, »stark unter«? Dabei ist der »schwarz-rote« Senat bereits in den vergangenen zwei Jahren weit weg von den koalitionären Zielmarken, 20.000 Wohneinheiten jährlich zu bauen (inklusive 5.000 öffentlich geförderter Sozialwohnungen). Also, fürs Unverständnis: Der zuständige Ressortchef formuliert als Dauerproduzent von Sprechblasen ein Ziel, das unterhalb der eigenen Zielsetzung liegt. Ein zielloser Senator, eine klassische Fehlbesetzung. Um so mehr, weil Berlin nicht einmal mehr 90.000 Sozialwohnungen hat. Anfang der 1990er Jahre war es noch das Vierfache. Die Perspektive ist nach Expertenmeinung düster: Berlin, eine Art Abbruchfirma.
Okay, die größte BRD-Stadt ist keine Ausnahme. Der Bestand an Sozialwohnungen ist bundesweit seit Jahren dramatisch rückläufig. Er hat sich seit 2006 von mehr als zwei Millionen auf rund eine Million halbiert. Zehntausende Wohnungen fallen pro Jahr aus der befristeten Sozialbindung. 2023 wurde laut abgewählter Bundesregierung der Bau von 23.000 Sozialwohnungen gefördert – weniger als ein Viertel des Bedarfs. In den nächsten zehn Jahren sind 520.000 neue Mietpreisbindungen nötig, nur um den aktuellen Bestand von Sozialwohnungen konstant zu halten, berechnete der Deutsche Mieterbund.
Und das »schwarz-rote« Bundeskabinett in spe? Union und SPD fabulieren über einen »Bauturbo«. Nur, es fehlt an Direktiven. Etwa: Wohnraum für wen, mit welchen mietrechtlichen Standards? Ein »Turbo« wohl nur für private Wohnungsunternehmen, die sich künftige Pleiteprojekte und Stahlgerippe staatlich sponsern lassen wollen. »Marktkräften« wird der rote Teppich ausgelegt, Mieter blechen für das Knüpfwerk.
Nee, so sicher nicht. Besser so: Immohaie enteignen, ihre Bestände vergesellschaften. Der Bund müsste hierfür einen Rekommunalisierungsfonds auflegen. Wohnraum könnte so rücküberführt werden in die öffentliche Hand. Dort, wo er hingehört. Und was den sozialen Wohnungsbau betrifft, ist gleichfalls klar: Keine Sozialwohnung darf mehr aus der Bindung fallen, muss bezahlbar sein und bleiben. Merksatz: »Einmal Sozialbindung, immer Sozialbindung.« Per Gesetz.
Weil: Wohnraum gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Basta. Wohnungen sind keine Ware. Basta. Das Zuhause ist kein Spekulationsobjekt für Börsenzocker. Basta. Das sind doch ZIELE, oder?!
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Florian Gaertner/imago28.04.2025
Desaströse Baupolitik
- Maurizio Gambarini/IMAGO/Funke Foto Services24.03.2025
»Kein einziger Baum darf gefällt werden«
- IMAGO/BildFunkMV06.02.2025
Riesige Wohnungslücke
Regio:
Mehr aus: Ansichten
-
Russenwühler des Tages: Heimische Wildtiere
vom 28.04.2025