Langsam und schwerfällig kämpft sich der Bus die Panamericana hinauf. Kleine Maisfelder dominieren die weiten Täler, überragt von mächtigen, teils eisbedeckten Gipfeln, hier im Andenhochland drei Stunden nördlich der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Ziel der Reise ist eine Stadt, die noch nicht existiert: Yachay, die Reißbrett-Metropole, deren Name in der Indigenen-Sprache Kichwa „Wissen" bedeutet, soll einmal eine Universität und 250 000 Einwohner haben. Internationale Konzerne wie Microsoft oder Cisco werden sich dann ansiedeln, in einer Sonderwirtschaftszone Forschung mit Studenten aus aller Welt Forschung betreiben, Technologien und Qualifikationen nach Ecuador bringen. So zumindest plant Ecuadors Regierung das Prestigeprojekt.
Sechs unproduktive oder brach liegende Haziendas – in der Kolonialzeit entstandene Großfarmen – hat die staatliche Gesellschaft, die das Projekt vorantreibt, dafür im strukturschwachen Norden des Landes gekauft – insgesamt 4480 Hektar. Noch sind sie größtenteils mit Gras überwuchert, doch auf dem ehemaligen Hof San José sind die Renovierungsarbeiten an den alten Häusern des Gehöfts bereits weit vorangeschritten. Wo einst Gutsherren die lokale Bevölkerung ausbeuteten, entsteht ein Campus, der Ecuador auf dem Weg in ein neues Zeitalter dienen soll. 1000 Arbeiter hämmern, verputzen und mauern dafür derzeit im Dreischichtsystem rund um die Uhr, bald sollen es noch mehr werden. Im März beginnen die ersten 200 Studenten ihre Kurse, in 15 bis 20 Jahren soll die gesamte Wissenschaftsstadt fertig sein.
„Es ist eine großartige Sache für die Kinder und die zukünftigen Generationen", sagt Jorge Urwango, der mit seinem Kollengen Jose Miguel Quilca, gerade ein Rieddach deckt. Die beiden Männer, 53 und 62 Jahre alt, haben das Hazienda-System, die Knochenarbeit in den Zuckerrohrplantagen und die Hungerlöhne noch selbst erlebt. Ihre Nachkommen, so die Hoffnung, sollen einmal ein besseres Leben haben.