Leserbrief zum Artikel Internationalismus: Kuba-Krise bei Linkspartei und ND
vom 06.02.2021:
Nicht auf Spaltungsversuche hereinfallen
Ich traf neulich einen 16jährigen Freund meines Sohnes mit einer Zigarette im Mund. Unsere Familien hatten schon mehrfach gemeinsam Urlaubsreisen unternommen. Auf meine Frage, warum er eigentlich rauche, zuckte er nur mit der Schulter. Tage später sprach mich seine Mutter mit großer Empörung an. Was es mich angehe, ob ihr Sohn rauche oder nicht. Ich solle mich gefälligst um meine Kinder kümmern. Ich war bestürzt und enttäuscht. Ich hatte ihren Sohn nicht einmal kritisiert. Ich dachte, unter Freunden kann man auch kritisch fragen.
Nicht nur Scheidungsanwälte wissen, dass Beziehungen eben allgemein schwierig sind. Auch Politiker wissen das. Denn Parteien sind da nicht ausgenommen. Die Linke schon gar nicht. Vielleicht gibt es für unsere Problemfelder unter Linken besonders konträre Auffassungen. Mitregieren oder Opposition zum Beispiel. Wer in die Regierung strebt, ist nur auf Posten aus. Weiß man doch. Und verrät das politische Ziel, ja, die ganze Partei. Weil mit den möglichen Partnern kein Blumentopf zu gewinnen ist. Bei Koalitionen mit denen kannst du auch gleich das Lied vom (eigenen) Tod anstimmen. – Das Regierungswillige wirkliche Veränderungen wollen, weil sich ganz andere Chancen bieten als in der Opposition – das zählt dann nicht.
Dann dieser Höhn mit seinem Papier. Ich finde es ehrlich gesagt … Aber dass ihm gleich wieder unterstellt wird, er wolle sich SPD und Grünen andienen – vielleicht will auch Höhn, dass nicht nur diskutiert und protestiert, sondern auch verändert wird. Selbst wenn er m. E. mit seinem Schuss das Schwarze deutlich verfehlt hat, zeigt sich doch, dass über wichtige Details gesprochen werden muss.
Damit nicht genug, macht sich der Parteivorstand Gedanken über Kuba. Allgemeine Zustimmung bis zum Punkt 4. Wahrscheinlich hätte der Beschluss kaum Beachtung gefunden, hätte er damit geendet. Ging es im Punkt 5 also wieder nur um Beweis der Regierungsfähigkeit gegenüber SPD und Grünen? Der möge vortreten, der den Verfassern wie den Zustimmenden unterstellt, dass sie die Solidarität mit Kuba beenden, womöglich gar der Beseitigung des Sozialismus im endlos wie gnadenlos von Blockaden betroffenen Kuba das Wort reden wollten. Ich nehme an, dass sie ihre Sorge äußerten. Die DDR und der Sozialismus in Europa insgesamt sind unter anderem auch deshalb untergegangen, weil es nicht gelang, eine geeignete Form für die Auseinandersetzungen mit Kritikern des Sozialismus, die vom Westen unterstützten Antikommunisten eingeschlossen, zu finden. Biermann wurde 1976 vermeintlich geschickt nicht mehr eingelassen. Nach ihm sind viele Künstler und Intellektuelle gegangen, haben dem Land Lebenssaft entzogen. Das »Geschickte« hatte sich als lähmend erwiesen. Heute, wo jede falsche Bewegung von einem Dutzend Handys aufgenommen und anschließend im Netz ergänzt mit böswilligen Kommentaren von Tausenden betrachtet wird, muss jede Aktion, jeder Schritt hundertfach genauer durchdacht werden. Ich glaube nicht, dass der Beschluss die guten Beziehungen zur KP Kubas und den linken Parteien und Bewegungen Lateinamerikas beschädigt. Wer meine Solidarität hat, der bekommt Hilfe aller Art. Da habe ich nicht nur das Recht, da sehe ich es als meine Pflicht an, Hinweise und Ratschläge zu geben. Natürlich mit dem notwendigen Feingefühl. Dazu hätte übrigens gehört, dass man von einer »weiteren« Demokratisierung spricht und betont, über Haltung und US-Förderung verschiedener »Künstler« Bescheid zu wissen.
Der politische Gegner steht übrigens noch immer auf der anderen Seite der Barrikade, nicht in einer anderen Strömung unserer pluralistischen Partei. Und dieser Gegner wird immer wieder mit viel Geschick und Geld provozieren, unsere Spaltung und Schwächung als Ziel. Fallen wir nicht darauf rein, reagieren wir besonnen, es ist sehr schwer, verlorenes Feld zurückzuerobern. Bei uns wie in Kuba.
Nicht nur Scheidungsanwälte wissen, dass Beziehungen eben allgemein schwierig sind. Auch Politiker wissen das. Denn Parteien sind da nicht ausgenommen. Die Linke schon gar nicht. Vielleicht gibt es für unsere Problemfelder unter Linken besonders konträre Auffassungen. Mitregieren oder Opposition zum Beispiel. Wer in die Regierung strebt, ist nur auf Posten aus. Weiß man doch. Und verrät das politische Ziel, ja, die ganze Partei. Weil mit den möglichen Partnern kein Blumentopf zu gewinnen ist. Bei Koalitionen mit denen kannst du auch gleich das Lied vom (eigenen) Tod anstimmen. – Das Regierungswillige wirkliche Veränderungen wollen, weil sich ganz andere Chancen bieten als in der Opposition – das zählt dann nicht.
Dann dieser Höhn mit seinem Papier. Ich finde es ehrlich gesagt … Aber dass ihm gleich wieder unterstellt wird, er wolle sich SPD und Grünen andienen – vielleicht will auch Höhn, dass nicht nur diskutiert und protestiert, sondern auch verändert wird. Selbst wenn er m. E. mit seinem Schuss das Schwarze deutlich verfehlt hat, zeigt sich doch, dass über wichtige Details gesprochen werden muss.
Damit nicht genug, macht sich der Parteivorstand Gedanken über Kuba. Allgemeine Zustimmung bis zum Punkt 4. Wahrscheinlich hätte der Beschluss kaum Beachtung gefunden, hätte er damit geendet. Ging es im Punkt 5 also wieder nur um Beweis der Regierungsfähigkeit gegenüber SPD und Grünen? Der möge vortreten, der den Verfassern wie den Zustimmenden unterstellt, dass sie die Solidarität mit Kuba beenden, womöglich gar der Beseitigung des Sozialismus im endlos wie gnadenlos von Blockaden betroffenen Kuba das Wort reden wollten. Ich nehme an, dass sie ihre Sorge äußerten. Die DDR und der Sozialismus in Europa insgesamt sind unter anderem auch deshalb untergegangen, weil es nicht gelang, eine geeignete Form für die Auseinandersetzungen mit Kritikern des Sozialismus, die vom Westen unterstützten Antikommunisten eingeschlossen, zu finden. Biermann wurde 1976 vermeintlich geschickt nicht mehr eingelassen. Nach ihm sind viele Künstler und Intellektuelle gegangen, haben dem Land Lebenssaft entzogen. Das »Geschickte« hatte sich als lähmend erwiesen. Heute, wo jede falsche Bewegung von einem Dutzend Handys aufgenommen und anschließend im Netz ergänzt mit böswilligen Kommentaren von Tausenden betrachtet wird, muss jede Aktion, jeder Schritt hundertfach genauer durchdacht werden. Ich glaube nicht, dass der Beschluss die guten Beziehungen zur KP Kubas und den linken Parteien und Bewegungen Lateinamerikas beschädigt. Wer meine Solidarität hat, der bekommt Hilfe aller Art. Da habe ich nicht nur das Recht, da sehe ich es als meine Pflicht an, Hinweise und Ratschläge zu geben. Natürlich mit dem notwendigen Feingefühl. Dazu hätte übrigens gehört, dass man von einer »weiteren« Demokratisierung spricht und betont, über Haltung und US-Förderung verschiedener »Künstler« Bescheid zu wissen.
Der politische Gegner steht übrigens noch immer auf der anderen Seite der Barrikade, nicht in einer anderen Strömung unserer pluralistischen Partei. Und dieser Gegner wird immer wieder mit viel Geschick und Geld provozieren, unsere Spaltung und Schwächung als Ziel. Fallen wir nicht darauf rein, reagieren wir besonnen, es ist sehr schwer, verlorenes Feld zurückzuerobern. Bei uns wie in Kuba.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 09.02.2021.