Leserbrief zum Artikel Internationalismus: Kuba-Krise bei Linkspartei und ND
vom 06.02.2021:
Das ist der falsche Weg
Bei aller Sympathie also für die Zeitung, deren Geschäftsführer Sie sind, fühle ich mich gezwungen, Sie ernstlich zu fragen, was Sie und einige der Redakteure eigentlich mit Ihrem permanenten Linken-Bashing erreichen wollen. Nichts gegen eine kritische Begleitung. Das versuche ich eben gerade bezüglich der jungen Welt zu praktizieren. Aber Die Linke bei Mitgliedern, Sympathisanten und potentiellen Wählern mindest als sozialdemokratisch, eigentlich aber als nicht wählbar darzustellen – ist das Ihr Ziel? Die nächste Stufe wäre ja, dass man in so einer Partei nicht Mitglied bleiben oder werden sollte.
Als ich gestern meinen Leserbrief an Ihre Redaktion geschickt habe, hatte ich Ihren Beitrag auf S. 16 der Wochenendausgabe (vom 6./7.2.) noch nicht gelesen. (Bemerkung vom 14.2.: Es wurde nur der unverfängliche Schluss gedruckt, gut, er war zu lang.) »Für Kuba und Sozialismus!« Ich bin voll dafür. Aber die Überschrift suggeriert im Zusammenhang mit Ihrem Beitrag darunter, dass nur die junge Welt, »Cuba Sí« und die Kritiker des Parteivorstandsbeschlusses dieses Anliegen haben. Wenn Sie das denken, würde das nicht nur von Überheblichkeit, sondern auch von Fehleinschätzung zeugen. Noch einmal zu meinem Finanzplan. Auch an »Cuba Sí« plane ich, noch in diesem Jahr mindestens 100 Euro zu überweisen. Obwohl ich eigentlich kein Flugzeug mehr benutzen will, würde ich für eine Reise nach Kuba vielleicht eine Ausnahme machen. Spenden, Tourismus und andere Unterstützung sind enorm wichtig, aber sie sind letztlich nicht entscheidend für den Erhalt und den Ausbau des Sozialismus in Kuba. Entscheidend ist m. E., wie es der kubanischen Führung und dem kubanischen Volk gelingt, die Produktivkräfte so zu entwickeln, dass alle Schwierigkeiten überwunden werden. Die ergeben sich vor allem aus der Blockade der USA und anderer Staaten, aber wohl auch durch innere Probleme unterschiedlicher Art. Wichtiger als Spenden ist also Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn ich von flüchtenden Kubanern höre (kaum in linken Zeitungen), dann denke ich an unsere Zeit in der DDR zurück. Die Kritiker damals besaßen ebenfalls unterschiedliche Motive. Das ging vom Konsumflüchtling bis zum Antikommunisten. Deshalb ist Vorsicht wie Klugheit geboten. Der imperialistische Gegner besitzt Geld und Denkfabriken und findet auch in Kuba seine Anhänger. Ohnehin kann es keine Regierung der Welt all ihren Bürgern recht machen. Wer Kuba helfen will, kann sich nicht nur mit Erinnerungen an Fidel oder Che beruhigen. Das waren Männer ihrer Zeit. Doch heute haben wir eine andere Situation, andere Technik und andere Ansprüche, die die Menschen stellen. Aber das muss ich Ihnen nicht erklären, schon gar nicht der kubanischen Führung. Doch wir selbst müssen uns dessen bewusst sein.
Ich weiß, dass es auch in Die Linke unterschiedliche Meinungen und sicher auch unterschiedliche Auffassungen für die Wege zu einer sozialistischen Gesellschaft gibt. Wer dabei Pluralismus will, muss ihn auch aushalten. Wohin die, wie ich meine, Einseitigkeit eines Großteils der in der jungen Welt geäußerten Auffassungen führt, auch die von Ulla Jelpke oder Arnold Schölzel zu diesem Thema, die ich beide achte und gerne lese, wird im Leserbrief von Peter Tiedke besonders deutlich. Er äußert nach der ganzen Diskussion gleich Ängste, dass Linke-Führer einen Teil seiner Spende den »kritischen Künstlern« zukommen lassen könnten. Linken-Vorstandsmitglieder als antikommunistische Monster! Machen Sie solche Schlussfolgerungen der von Ihnen angeheizten Debatte nicht ängstlich? Oder zumindest nachdenklich? (Ich füge hier ein, da ich die E-Mail nicht gleich beenden konnte: Auch am 13./14. Februar wird in Bezugnahme auf Ihren Artikel durch Steffen Urlaß dem Vorstand der »sogenannten Partei Die Linke« unterstellt, dass sie in gleichem Jargon Kuba attackiert wie sämtliche Edelmedien ...) Von Ihnen wie von allen Kritikern, »Cuba Sí« und den Ältestenrat von Die Linke eingeschlossen, werden die Überschrift des Beschlusses »Solidarität mit Kuba« und die ersten vier Punkte entweder konsequent ignoriert oder zum Feigenblatt für Punkt 5 erklärt. Natürlich kann es auch Personen in der Emanzipatorischen Linken geben, für die Ursachen für und Gegner von Polizeieinsätzen nicht von Belang sind. Wobei man sich auch fragen kann, ob Polizeibrutalität zunächst das eine ist und die Ursachenforschung das andere, auch wenn beides zusammengehört.
Noch einmal zum Beitrag von Peter Tiedke. Die Äquidistanz, was die Schuld für die aktuelle Kriegsgefahr betrifft, von der sich leider nicht nur Matthias Höhn leiten lässt, verurteile ich genauso wie Peter Tiedke. Habe dazu extra einen Roman geschrieben (»Kolonne im Visier«). Die ökonomischen, politischen und ideologischen Verhältnisse werden nun mal immer komplexer und komplizierter. Und es gibt verschiedene Muster und Möglichkeiten, sie zu erkennen und darzustellen. Wie stehen wir zu Putin oder Lukaschenko, die an ihren Ämtern kleben wie früher Honecker und Breshnew und vermutlich ebenso wie einst Napoleon glauben, dass es ohne sie nicht geht? Natürlich wissen wir, dass der Westen Regime-Change in beiden Ländern als letztliches Ziel anstrebt. Darauf wird mit allen Mitteln und viel Geld Einfluss genommen. Wir ahnen oder wissen, welche Rolle Nawalny und andere Dissidenten dabei spielen. Aber muss Die Linke nicht trotz dieses Wissens Polizeieinsätze gegen Demonstranten in Moskau wie in Minsk verurteilen? Sonst können wir auch die Polizeieinsätze in den USA, in der Türkei oder in Myanmar nicht verurteilen – obwohl wir wissen, dass, wie ich bereits gesagt habe, die Umstände schwer zu vergleichen sind. Und angesichts des Wissens um diese Widersprüche müssen wir im Gegensatz zu einem Röttgen, einem Maas, einem Öcdemir oder anderen Grünen-Politikern immer die Kompliziertheit der Situation erwähnen (nicht, um zu relativieren oder zu verharmlosen). Anders gesagt, Linke dürfen östliche Politik durchaus kritisch sehen, schon gar nicht sollten sie die Tatsachen übersehen. Allerdings sollten sie auch nicht mehr Schaum vorm Mund haben als etwa Außenminister Maas.
Ob es übrigens klug ist, wie die russische Justiz mit Nawalny verfährt, halte ich zumindest für zweifelhaft. Aber ich bin da kein Spezialist und freue mich immer wieder über Beiträge von Reinhard Lauterbach, Jörg Kronauer oder Karin Leukefeld, um nur einigen Ihrer Autoren zu danken. Die gewisse Sicherheit, dass Nawalny scheitern wird und keine Chance hat, die aus einigen Leserbriefen zu diesem Thema herauszulesen ist, kann ich nicht teilen. M. E. hat auch die russische Führung zum Anwachsen der Bedeutung dieses Mannes beigetragen. Ich hoffe allerdings auch, dass es dem Westen nicht gelingt, diesen Nationalliberalen zu dem aufzubauen, wofür man ihn vorgesehen hat.
Abschließend möchte ich sagen, dass es nicht entscheidend ist, wer die reine Lehre am höchsten hält. Wenn wir die menschliche Gesellschaft vor dem Atomtod und dem Klimakollaps retten wollen, müssen wir Veränderungen erreichen. Dazu werden Kompromisse (ja, vielleicht auch Regierungsbeteiligungen – das Hauptverbrechen in den Augen mancher Linker) notwendig sein. Ob die genau das Ergebnis zeitigen, das wir erhofft haben, lässt sich vorher nie mit Sicherheit sagen. Trotzdem muss man es versuchen. Bei der reinen Lehre landet man wie die DKP um die 0,3 Prozent und bleibt macht- und einflusslos – was ich sehr bedauere. Gerade habe ich es an einen Freund geschrieben: Ich kann mich nicht erinnern, dass Die Linke gegen die DKP oder andere zu Felde gezogen ist. Gegen Die Linke wird dagegen von diesen Parteien wie eben auch von Ihrer und meiner jungen Welt einschließlich Arnold Schölzels geschossen, was das Magazin hergibt. Nicht etwa kritisch kameradschaftlich, sondern oft feindlich diffamierend. Wer sich größer machen will, glaubt vielleicht, es genügt, andere herabzuwürdigen. Wer Die Linke aus subjektiven Gründen verlassen hat, sucht gelegentlich »objektive« Gründe, diesen Schritt vor sich selbst und anderen zu begründen. Weshalb ich nicht weiß, ob uns ein Matthias Höhn mehr schadet als der von mir empfundene antilinke Tenor der jungen Welt. Es kommt nicht darauf an, recht zu haben, sondern die Massen zu erreichen, damit die Idee zur materiellen Gewalt wird. Die Spaltung der antiimperialistischen Kräfte und Parteien gehört dagegen zu den schlechtesten Erfahrungen, welche die Linke weltweit gemacht hat.
Das kann doch Ihr Ziel nicht sein, obwohl ich manchmal den Eindruck habe.
Kommentar jW:
Zu diesem Brief schrieb Manfred Groll:
Ich unterstelle dem Leserbriefschreiber gute Absichten, einen Untergang der Menschheit durch Atomtod und Klimakollaps verhindern zu wollen. Aber hat er als politisch Aktiver und Handelnder nicht gelernt, dass gut gemeint und gut gemacht verschiedene Dinge sind? Die Linke (PdL) erreicht in ihrem Regierungsbeteiligungswahn gar nichts (nachweislich ist sie sogar für üble Entwicklungen mit verantwortlich). Und wenn sie sich zerlegt, so braucht es dazu keine kritischen Analysen der jW; das schafft sie ganz alleine. Im übrigen konnte ich in der jW keine »feindlich diffamierende« Kritik feststellen.
Solidarische Grüße, Manfred Groll
Roland Winkler aus Aue schrieb:
Wenn geifernde Antikommunisten zu spalten suchen, diffamieren, hetzen, Keile zwischen uns treiben, ist das deren notwendiges Geschäft, seit das »Kommunistische Manifest« unser Programm ist bzw. wir es noch in Grundaussagen als solches sehen. Wie eine bürgerliche Gesellschaft ihre unumstößlichen Grundsätze bewahrt, nie in Zweifel setzt, mit Zähnen und Klauen verteidigt, können wir darauf nicht verzichten. Wohin anderes führt, kann nur den berühmten drei Affen entgehen, nichts sehen, hören, sagen.
Nachdenklich, solidarisch, nicht unkritisch zustimmend bis traurig machen Leserbriefe wie von Rainer Böhme, Stadtrat Die Linke, Sebnitz.
Die Meinung ist sehr zu verstehen. Seine Sicht von der Basis der Stadträte, wo zahllose sozialistische/kommunistische Linke sich mühen, kämpfen, Ideale leben, aufopfern für Bevölkerung, für weniger betuchte, die ganz unten, für eine Klasse, die es noch gibt, nur äußerlich verändert, differenziert ist. Viele dieser Genossinnen und Genossen sind mir bekannt, die es wie uns in der DKP und bei Sympathisanten bewegt, zerreißt, mitfühlen lässt, solidarisch macht und natürlich auch kritisch diskutieren, streiten lässt um Weg und Schicksal der Linken. Ist es in unserer Geschichte nicht oft so gewesen, bis Rosa sagte, wir seien wieder bei Marx? Oder sollen und wollen wir sagen, damit wollen wir nichts mehr zu tun haben, wir sind bei Menschenrechten, die seit Jahrhunderten wirksamste Waffe der bestehenden Gesellschaft sind?
Ein paar Bemerkungen, Denkanstöße zum aufgeworfenem Konflikt:
– »Bashing«, »reine Lehre« scheinen mir Modebegriffe geworden zu sein, die eher nicht in der Linken geboren wurden. Ob junge Welt, Unsere Zeit, Rotfuchs oder KAZ, ich kann den Begriff Bashing, übersetzt öffentliche Beschimpfung, nicht erkennen. In zahllosen sich linksbürgerlich verstehenden Publikationen bis hin zu Statements der linken Führungsebene habe ich über 30 Jahre lang »bemerkenswerte« Verurteilungen unserer »Sekte« usw. oder von jW als Drecksblatt kommentarlos registriert, weil es uns nicht dienlich ist, der Häme der politischen Gegner Tribüne zu bieten. Leider greift auch unter uns schon der Bashingvorwurf.
– Richtigstellung der Begriffe, eine Forderung des Konfuzius, aktuell wie vor 3.000 Jahren.
Politische Auseinandersetzung, harter kritischer Umgang unter Sozialisten/Kommunisten um Grundüberzeugungen, um das nicht Verhandelbare, wie heute gesagt wird, das ist keine öffentliche Beschimpfung. Tun wir nicht so, als gäbe es das auf politischer Bühne unter den Menschenrechts- und Werteparteien nicht. Dort allerdings nie von Solidarität bestimmt, sondern von den Werten, die wir kapitalistisch nennen. Wie haben Marx, Engels, Liebknecht, Bebel, Luxemburg, Lenin, Gramsci, Fidel und andere politische Wortgefechte um die Sache geführt, kein Wort auf die Goldwaage gelegt, aber solidarisch um die Sache gestritten? Wollen wir davon nichts mehr wissen? Zumindest Luxemburg, Liebknecht und Bebel sind in der Linken wohl noch akzeptiert, bitte mal nachlesen.
– »Reine Lehre«, etwas, was eher religiösen Ursprung hat, gern bedient wird, wenn es darum geht, Antikommunismus zu verbreiten. Wenn leider auch unter Linken es als Vertreten der reinen Lehre gesehen wird, die Menschenrechtsfrage bzw. -religion gerade nicht über das zu setzen, was wir noch als Klassenfrage sehen, dann wäre solidarisch zu diskutieren. Sprechen drei Jahrzehnte Menschenrechts-, Freiheits-, Demokratie-, Rechtsstaat nicht eine deutliche Sprache? Darf nicht gesagt werden, dass wir enttäuscht sein müssen auch darüber, wie unserer aller gemeinsame Hoffnungen in linke Regierungsbeteiligungen und sogar Linksregierungen minimalste Ergebnisse bringen und nichts anderes bringen können, wenn wir unsere Grundsätze und Theorie befragen? Warum nicht gemeinsam über bessere, wirksamere Lösungswege diskutieren ohne Verzicht auf unser Friedensverständnis, Klassensolidarität, ohne Verzicht auf harte parlamentarische Kritik, Anklagen?
Stadtrat Rainer Böhme weiß sicher, nicht DKP und andere haben es in die Linke hineingetragen. Seit Jahrzehnten bangen wir mit der Linken, leiden und teilen die Enttäuschungen. Schmerzlich erleben wir die parteiinternen »Bashings« und die Verabschiedung von jeder »reinen Lehre«. Solidarisch finden wir uns mit und bei vielen Genossinnen und Genossen, die mit uns immer einen Umgang pflegen, den ich als kritisch selbstkritisch verstehe.
Um auf seiten der Linken einen mehr als 0,3prozentigen Partner zu haben, könnte einem der Richtungskampf in der Partei die Linke vielleicht auch Signal sein, den Kandidaten der DKP bei den Unterschriften zu helfen, die in dieser Demokratie uns auferlegt sind, um auf die Wahlliste zum Bundestag zu gelangen.
»Die Sprache ist eine Waffe, haltet sie scharf«, sagte Kurt Tucholsky. Aber im Volk wird von jeher gesagt, dass man wissen müsse, wo man hingehöre. Unter Kommunisten verwenden wir den Begriff Klassenbewusstsein, schrieb im Rotfuchs dazu Leserin Gudrun Rudolph.
Roland Winkler, Aue
Christian Dirk Ludwig, Mitglied Die Linke, Berliner Sozialrichter a. D., Hohen Neuendorf schrieb dazu:
Die Selbstverliebtheit einiger in meiner Partei feiert sich gerne selbst. Leider waren wir hier in Brandenburg nur für unzählige Skandale gut. Die Fixierung auf eine mögliche Beteiligung an einer Bundesregierung ist bei manchen schon leider krankhaft. Die Durchsetzungskraft sinkt bei uns leider gerade auf Bundesebene. Wer Testballons in Sachen NATO streut, zerstört nur den Markenkern der Partei als einziger Friedenspartei. Wer um des Pöstchens Willen neoliberalen Wahnsinn durch die Hintertür goutiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Stammwähler uns abstraft. Wer Kritik nicht ertragen kann, gehört schlichtweg nicht in die Politik. Das DDR-Bashing selbst in meiner Partei ist ein Einknicken vor dem politischen Gegner. Ich stamme übrigens nicht aus einem SED-Haushalt, sondern aus einem DDR-Gewerbetreibenden-Haushalt. Ich war Vorstandsmitglied der DDR-Blockpartei NDPD. Die BRD hängt mir übrigens zum Halse raus. Die PDS hat dem kranken Kapitalismus wenigstens noch Angst gemacht. Ich habe keine Lust darauf, dass meine Partei zum Schoßhündchen des Kapitals mutiert, nur damit einige bei uns Bundesminister spielen können.
Leser Wolfgang Borchardt schrieb:
Manch einer könnte geneigt sein, den Leserbrief von Rainer Böhme abzutun mit dem Sprichwort: »Getroffene Hunde bellen«. Ich denke aber, er verdient eine nähere Betrachtung. Es geht um die Frage, die – ohne seine polemische Ausdrucksweise und Vorwürfe – einfach lautet: »Warum wird Die Linke von der jungen Welt so hart kritisiert?« Dazu zwei Gedanken:
1. Die Umkehrung des Inhaltes von Makarenko: »Ich fordere von dir, weil ich dich achte.« Bedeutet: An jemanden, von dem nichts (mehr) zu erwarten ist, werden auch keine Forderungen gestellt. Die Linke ist nun mal die einzige Partei mit einem linken Programm, die im Bundestag vertreten ist. Von welcher anderen könnte sonst linke Politik erwartet werden? Hat es Sinn, eine andere Partei zu kritisieren, wenn sie sich nicht klar abgrenzt von kubanischen Konterrevolutionären? Weshalb also die Klage über ein »Linke-Bashing«? (Auf den inhaltlichen Aspekt ist Rainer Böhme leider nicht eingegangen ...)
2. Das »Die« im Parteinamen »Die Linke« grenzt alle anderen linken Kräfte aus, der Punkt entspricht dem Schröderschen »Basta!« (Wer meint, das sei meine böswillige Interpretation, kennt nicht die damalige Diskussion um den Namen und die Warnungen davor, hat nicht daran teil-, sie nicht ernst genommen oder sie vergessen.) Eine Partei mit so einem linkem Alleinvertretungsanspruch muss sich schlichtweg gefallen lassen, von links hart kritisiert zu werden – auch (oder gerade?) von denen, die sie selbst ausgrenzt.
Aber was ist mit den Stimmen innerhalb Der Linken, die mit dem Parteivorstandsbeschluss vom 23. Januar nicht einverstanden sind? Ist zum Beispiel »Cuba Sí« ein Zusammenschluss, der sich auch am »Linke-Bashing« beteiligt, der Die Linke spaltet? Liegt das Problem nicht vielmehr in der zunehmenden Diskrepanz zwischen dem antikapitalistischen Kern des Parteiprogramms und der praktischen Politik beziehungsweise Vorstößen, ihre Ausrichtung zu »modifizieren«? Ich denke zum Beispiel an Matthias Höhns »Linke Sicherheitspolitik«. Mit der »Wahrung von Einheit und Reinheit der Partei« und der damit verbundenen Unterdrückung von Kritik hat die SED schlechte Erfahrungen gemacht. Die PDS hat mit der Aufhebung dieses Prinzips ihre Lehren daraus gezogen. Wir sollten sie nicht unter der Losung »Keine Spaltung!« über den Haufen werfen.
Stefan Dorl schrieb:
Einerseits kann ich Herrn Böhme verstehen, wenn er schreibt, dass mit reiner Lehre aus dem sozialistischen Ideenbaukasten die ganz großen Massen nicht erreicht werden und dass permanente Kritik an der Politik der Partei Die Linke nicht gerecht sei. Allerdings empfinde ich es nicht so, dass die jW ein »Bashing« gegen die Gesamtpartei praktiziert. Die derzeitige Berichterstattung über den Entwurf zum Wahlprogramm zur Bundestagswahl lässt viele Genossen aus der Partei zu Wort kommen, auch zu anderen Themen (Kuba, Sozialpolitik etc.) können sich Genossen von Die Linke regelmäßig direkt äußern.
Wo die jW aus meiner Sicht zu Recht regelmäßig kritisch berichtet, ist, wenn der rechte Parteiflügel (z.B. in Person von Matthias Höhn) Positionen entwickelt, die mit dem Erfurter Parteiprogramm so gut wie gar nichts zu tun haben. Bei allem Pluralismus, den es in einer modernen sozialistischen Partei geben sollte, darf man auch nicht beliebig werden, denn dann verliert man auch viele Wähler. Und was die Anhänger von »rot-rot-grünen« Regierungen zum Teil äußern, verlässt meines Erachtens radikal-linke Positionen, wie sie das Programm definiert. Ich denke, dass nicht wenige unter vor allem den ostdeutschen Funktionären der Partei die Linke mit ihren Positionen besser bei der SPD aufgehoben wären. Jedenfalls möchte ich keine zweite sozialdemokratische Partei in diesem Land, sondern eine Partei links der Sozialdemokratie, die für einen klaren Bruch mit dem kapitalistischen System und für eine sozialistische Gesellschaftsordnung, die solidarisch zu Kuba und fundamental-oppositionell zur NATO steht.
Und noch ein Brief unseres Lesers Horst Jäkel aus Potsdam:
Werter Genosse Rainer Böhme! Du arbeitest als Stadtrat und unterstützt die junge Welt. Das ist anerkennenswert. Zu Deinem Leserbrief habe ich einige Fragen und Bemerkungen:
1.) Hat die jW gegen die Mitglieder unserer Partei Bernd Riexinger (siehe jW vom 15.2., Seite 3), Ellen Brombacher, Sevim Dagdelen (MdB), Ulla Jelpke (MdB), Sahra Wagenknecht (MdB), Täve Schur, Erik Rohrbach, Raimon Brete (siehe ND vom 9.2., Seite 7), Lydia Krüger, Steffen Niese, Isabelle Casel, Justo Cruz (jW vom 19.2., Seiten 12/13) feindlich und diffamierend geschrieben? Sicher nicht! Also gibt es kein permanentes Linke-Bashing in der jW.
2.) Was meinst Du mit »reine Lehre«? Sicher den Marxismus-Leninismus. Du hast doch nichts gegen Marx und Engels, Fidel Castro, Ho Chi Minh, gegen »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!«
3.) Du schreibst: »Es kommt nicht darauf an, recht zu haben, sondern die Massen zu erreichen, damit die Idee zur materiellen Gewalt wird.« Wollen wir da nicht etwas genauer sein? Hitler erreichte die Massen und setzte die faschistische Gewalt rigoros ein mit den bekannten katastrophalen Folgen.
4.) Wodurch wurden die antiimperialistischen Kräfte und Parteien gespalten, geschwächt? Dafür gibt es viele Ursachen (äußere, innere, ökonomische, politische, objektive, subjektive, kulturelle, organisatorische, moralische, theoretische, praktische …).
5.) Selbst Bernd Riexinger meint, dass mit den Bellizisten und Russopbhoben von Grünen und SPD derzeit eine »R2G«-Koalition nicht realistisch sei.
6.) Die KPD ist in der BRD seit über 60 Jahren verboten. Darunter leidet die DKP. Der Antikommunismus ist in der BRD Staatsdoktrin und reicht bis in die Partei Die Linke.
7.) Ja, Du forderst berechtigt den gemeinsamen Kampf aller Friedensfreunde gegen Atomtod und Klimakollaps. Dazu gehört eine kluge Bündnispolitik der einzigen Friedenspartei im Bundestag. Es war nicht gut, dass der Bundesvorstand »Aufstehen« für tot erklärt hat und gegen Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine Front gemacht hat. Am 29. August 2020 hat »Aufstehen« in Potsdam eine neue Potsdamer Konferenz durchgeführt.
La lucha continua – der Kampf geht weiter! Ex oriente lux und Pace, Paix, Frieden. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!
Horst Jäkel, Potsdam