Tempofahrt für »Antriebswende«
Von Oliver RastWenn schon die Ampelkoalition auf der Bremse steht, drückt wenigstens die linke Opposition aufs Tempo. Ein bisschen jedenfalls. Am Montag präsentierte die Partei Die Linke ein dreiseitiges Papier, das jW vorliegt. Titel: »Wir wollen Arbeitsplätze retten – nicht die veralteten Geschäftsmodelle der Konzerne und die Boni der Bosse! Autoindustrie: Umbau starten, Jobs retten!«
Der Befund: Die Lage der deutschen Automobilindustrie sei alarmierend. Stimmt wohl, Indizien gibt es einige. Ford macht seine Fabrik in Saarlouis dicht und streicht die Produktionsstätte in Köln zusammen. Ferner ist der Zulieferbereich stark von der Flaute betroffen. Bosch, Conti, ZF und Mahle, alle schließen Werke, kürzen beim Personal. Erst jüngst hatte ZF angekündigt, weitere 14.000 Arbeitsstellen »abbauen« zu wollen.
Aber auch in Sachsen ist die Situation dramatisch, ein Thema im Wahlkampf. Beispiel: VW-Werk in Zwickau. Dort könnten mehr als 1.000 Jobs wegfallen, hatte MDR jüngst berichtet. Entschieden würde darüber noch im August, zumal zahlreiche Arbeitsverträge bis Ende des Jahres ausliefen, wurde ein Firmensprecher zitiert. Klar scheint zu sein, dass nach dem Sommerloch die Fertigung auf einen Zwei-Schicht-Betrieb ohne Nachtschicht umgestellt werden wird. Im Werk im Zwickauer Stadtteil Mosel sind aktuell rund 9.400 Arbeiter beschäftigt, die E-Autos der Marken VW, Audi und Seat montieren.
Aber, so Die Linke in ihrem Papier, auch bei ostdeutschen Zulieferern gingen Hunderte Jobs verloren, etwa bei GKN in Mosel, Lear in Eisenach oder Magna in Roitzsch. Oder bildsprachlich: »Das Gespenst der Deindustrialisierung geht um.« Woran das liegt? Ganz klar: Ursächlich für die Krise seien strategische Fehlplanungen der Manager, der rückläufige Absatz »sowie die Weigerung von Autoindustrie und Regierung, die Weichen Richtung Verkehrswende zu stellen«, so die Verfasser. Während VW, Mercedes und BMW mit immer größeren und teureren (Luxus-)Karossen fette Profite machten, müssten Mehrwertproduzenten um ihr Auskommen bangen.
Was tun? Die Linke fordert das: »Wir brauchen eine Jobgarantie, eine Einkommensgarantie und eine Weiterbildungsstrategie für die Beschäftigten.« Vor allem in den kleinteiligen Zulieferwerken Ostdeutschlands. Die Mobilität der Zukunft seien kleine, bezahlbare E-Autos, moderne, bequeme Busse und Bahnen für mehr öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Damit die »Antriebswende« klappen kann, sei eine deutlich ausgebaute Ladeinfrastruktur erforderlich.
Das alles reicht aber nicht. Um »zukunftsfeste« Industriearbeitsplätze zu schaffen, müssen Betriebs- und regionale Transformationsräte ein Vorschlagsrecht für neue Produkte bekommen, fordern die Linken. Mehr noch, bei wichtigen Investitionsentscheidungen ein Vetorecht. »Unter Umständen sind auch Enteignungen nach Artikel 14/15 Grundgesetz sowie gesellschaftliche Beteiligungen ein Weg.« Ein Maßnahmenbündel im Interesse des Allgemeinwohls. Denn die Alternative könne nicht sein, »dass wir uns zwischen Verbrenner-SUVs und E-SUVs entscheiden sollen«. Also, auf die Klötzer treten, um in Fahrt zu kommen, beim Wandel und Umbau des (E-)automobilen Industriesektors.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (13. August 2024 um 09:53 Uhr)Nun wird auch noch die Rettung der deutschen Autoindustrie zum Thema der PdL. Ob es dadurch gelingen wird, beider Niedergang zu stoppen, darf bezweifelt werden. Die Sonne geht nicht auf, weil der Hahn kräht. Aber sie geht durchaus auch unter, wenn er abends mit dem Krähen nicht aufhören kann.
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