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Aus: Ausgabe vom 24.08.2024, Seite 8 / Inland
Aufrüstung

»Sozialausgaben werden zugunsten des Militärs gekürzt«

Zum Hiroshima-Tag rief Münchner Friedensbündnis zum Protest für Frieden auf. Weitere Aktionen geplant. Ein Gespräch mit Brigitte Obermayer
Interview: Hendrik Pachinger
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Demonstration gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz in München (17.2.2024)

Zum Hiroshima-Tag am 6. August hat das Münchner Friedensbündnis eine Kundgebung organisiert. An der Veranstaltung beteiligten sich Redner diverser Organisationen. Die Spannbreite war mit der Feministischen Partei – Die Frauen, der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsgegner DFG-VK, die Gewerkschaft Verdi und der »Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e. V.« sehr breit. Waren auch Vertreter der Regierungsparteien anwesend?

Es waren sicher Parteimitglieder vor Ort, aber unsere Redner, die in diesem Jahr vor allem Rednerinnen waren, kamen vorwiegend aus dem Spektrum der Menschenrechts- und Friedensorganisationen. Das Grußwort für den Münchener Oberbürgermeister Dieter Reiter, SPD, der zum Zusammenschluss »Mayor for Peace« gehört, hielt die Stadträtin Frau Brigitte Wolf von der Linken.

Was wurde vor Ort thematisiert?

Es gab Kritik an der Politik der Bundesregierung, der permanenten Eskalation und der verstärkten Rüstung. Es ist offensichtlich, dass die Sozialausgaben gekürzt werden, um das Militär zu finanzieren. Wer zahlt für die Kriege? Wer muss sie erdulden? Bestimmt nicht die, die daran verdienen.

Waren Sie zufrieden mit der Beteiligung?

Nein, denn die Atomkriegsgefahren sind zu groß und der Widerstand in der Bevölkerung nicht ausgeprägt genug. Die weitreichenden Entscheidungen der großen Atomwaffenstaaten sind noch nicht im Bewusstsein. Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, will die Produktion von Kurz- und Mittelstreckenraketen wieder aufnehmen. Beim NATO-Gipfel 2024 in Washington wurde verkündet, dass die Streitkräfte der USA beabsichtigen, ab 2026 Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Der Streit darüber hat erst begonnen, es muss allen klar sein, dass diese Waffen atomar bestückbar sind. Wir fordern alle Staaten auf, den Atomwaffen-Verbotsvertrag der UNO zu unterzeichnen. Dann könnten wir uns irrsinnige Summen für gefährliche Waffen sparen.

Auf der Kundgebung wurde unter anderem auf eine anstehende Demonstration hingewiesen. Am 12. Oktober wollen die Gewerkschaften GEW und Verdi in München unter dem Motto »Soziales rauf – Rüstung runter!« auf die Straße gehen. Beteiligen Sie sich daran?

Der Kampf für Abrüstung und Frieden kann nur zusammen mit sozialen Verbänden gewonnen werden. Daher unterstützen wir die Demonstration, so gut wir können. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf den friedenspolitischen Forderungen: Abrüsten statt aufrüsten, verhandeln statt schießen. Die globalen Militärausgaben sind unbegreiflich hoch. Alles wird einem komplett kranken System untergeordnet. Millionen Menschen werden ermordet, sterben an Hunger, haben kein sauberes Wasser.

Dabei wissen wir, dass wir so nicht weitermachen können. Es ist völlig irrsinnig in einer Welt der endlichen Ressourcen Waffen zu produzieren, die nur zur Zerstörung dienen. Anstatt unsere Universitäten zu verpflichten, Konzepte für ein friedliches Zusammenleben, für den Erhalt der Natur und nachhaltige Produktionsweisen zu entwickeln, wird das Gegenteil angeordnet: Die Zivilklausel wird ausgesetzt.

Die drängendsten Probleme unserer Zeit lassen sich nur global und gemeinsam lösen. Unsere Institutionen müssen reformiert werden. Das sind die Aufgaben, der sich die Regierungen stellen müssten.

Haben Sie noch weiteren Protest geplant?

Die aktuelle Rüstungsspirale lässt sich nicht mit einer einmaligen Kundgebung durchbrechen. Deshalb planen wir am 1. September, dem Antikriegstag, in München eine Kundgebung auf dem Königsplatz unter dem Motto »Nie wieder Faschismus und Krieg«. Am 30 August veranstalten wir mit einer Referentin von der Informationsstelle Militarisierung aus Tübingen eine Veranstaltung zur Rolle der Bundesregierung für Frieden in der Ukraine und im Gazastreifen.

Brigitte Obermayer ist aktiv beim Friedensforum München

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