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Aus: Ausgabe vom 07.10.2024, Seite 11 / Feuilleton
Literaturbetrieb

Aus großer Kraft folgt große Verantwortung

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Viele gute Bücher: Der Suhrkamp-Verlag auf der Frankfurter Buchmesse 2019

Der Unternehmer Dirk Möhrle übernimmt ab November sämtliche Verlagsanteile des Suhrkamp-Verlags. Er wird damit alleiniger Inhaber. Möhrle hält seit 2015 bereits 39 Prozent des Verlags. Es ehre ihn, dass unter den Aktionären Konsens herrsche, ihm »diese gewichtige Aufgabe zu überantworten«, betonte Möhrle.

»Die Siegfried-und-Ulla-Unseld-Familienstiftung, unter dem Vorsitz von Ulla Unseld-Berkéwicz, und die Familie Ströher werden sich entsprechend zum 31. Oktober 2024 als Aktionäre der Suhrkamp Verlag AG zurückziehen«, teilte der in Berlin sitzende Verlag mit.

Unseld-Berkéwicz (75) ließ sich mit den Worten zitieren, dass es Zeit sei, »die Verantwortung, die Siegfried Unseld mir ›abverlangt‹ hat, wie es bei Bertolt Brecht heißt, abzugeben«. »Meine Tätigkeit und jene der Siegfried-und-Ulla-Unseld-Familienstiftung haben mit dem 100. Geburtstag Siegfried Unselds ihr Ende gefunden.« Man wünsche dem Verlag, den Autoren und Mitarbeitern alles erdenklich Gute und Herrn Möhrle eine glückliche Hand.

Möhrle wiederum ließ sich mit folgenden Worten zitieren: »Diesen bedeutenden, weltweit hoch angesehenen Verlag zu bewahren und ihn in eine gute Zukunft zu begleiten, bedeutet eine große Verantwortung. Ich möchte sie mit Freude und Zuversicht annehmen.« Suhrkamp sei »zum Maßstab für literarische Qualität in Deutschland« geworden und habe »die jüdische Geistestradition gepflegt«, habe sie fortgesetzt und erneuert.

Der Suhrkamp-Verlag wurde 1950 von Peter Suhrkamp (1891–1959) gegründet und hat jahrzehntelang die literarische und wissenschaftliche Diskussion in der Bundesrepublik geprägt. Der Verlag war lange in Frankfurt am Main beheimatet, bevor er 2010 nach Berlin zog.

Von 1959 bis zu seinem Tod 2002 war der 1924 geborene Siegfried Unseld alleiniger Verleger des Suhrkamp-Verlags. »Der Suhrkamp-Verlag verlegt keine Bücher, sondern Autoren«, ist einer der markanten Grundsätze, die auf Unseld zurückgehen. Er griff dabei auf Hesses »Siddhartha« zurück: »Du sollst keiner Lehre folgen, sondern deiner selbst!«

Autoren und Autorinnen wie Bertolt Brecht, Ingeborg Bachmann, Theodor W. Adorno, Thomas Bernhard, Paul Celan, Uwe Johnson, Peter Weiss, Niklas Luhmann und Hans Blumenberg fanden bei dem Verlag ihre geistige Heimat. Auch Peter Handke, Peter Sloterdijk, Jürgen Habermas, Judith Butler, Annie Ernaux und Rainald ­Goetz gehören zum Programm.

Als Unseld vor 22 Jahren starb, wurde seine Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz der Kopf des Hauses. Wenig später lieferte Suhrkamp aber nicht nur sein viel beachtetes Programm, sondern auch den spektakulärsten Verlagsstreit der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Gegen den erklärten Willen von Unseld-Berkéwicz übernahm der Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach, Enkel des expressionistischen Bildhauers Ernst Barlach, im Jahr 2006 Anteile. Neun Jahre lang überzogen sich die beteiligten Parteien mit unzähligen juristischen Verfahren. Zu den Ergebnissen zählten der Umzug nach Berlin, die Umwandlung in eine AG und die damit verbundene Entmachtung Barlachs, der 2015 im Alter von 59 Jahren an einer Lungenentzündung starb. (dpa/jW)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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