Ein Balanceakt
Von Kristian StemmlerDie Debatte über eine »schwarz-grüne« Koalition im Bund gewinnt weiter an Fahrt. CSU-Vizechef Manfred Weber, auch Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, sprach sich am Dienstag in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) dafür aus, diese Option offenzuhalten. Damit widersprach er offen dem CSU-Chef Markus Söder, der sich vehement gegen eine Koalition von Union und Bündnis 90/Die Grünen ausgesprochen hatte. Demokraten müssten immer miteinander sprechen können und versuchen, Wege des Miteinanders zu finden, erklärte dagegen Weber. Auch die »grüne« Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich positiv über ein Zusammengehen mit der Union im Bund.
Bei den Grünen stelle sich die Frage, mit welchen Grünen man es zu tun habe, sagte Weber. So gebe es welche, »die sich bei der Migration schwertun, die Realitäten zu erkennen«. Und auf der anderen Seite gebe es solche wie Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg, »die einen realistischen Migrationskurs wollen«. Die Partei müsse nun klären, »ob sie in der Mitte anschlussfähig sein will oder sich zurück zu einer ideologischen Partei entwickeln will«, so der CSU-Politiker.
Weber empfiehlt CDU/CSU eine ausgewogene Migrationsdebatte. Es brauche »vor allem die richtige Balance, wenn die Union über Migrationspolitik spricht«. Wenn die Union auf der einen Seite deutlich mache, dass sie »illegale Migranten« konsequent abweisen wolle, müsse sie auf der anderen Seite klarstellen, »dass wir zu den Prinzipien von Asylrecht und zum Prinzip der Genfer Flüchtlingskonvention stehen«, so der EU-Politiker.
Was Weber damit meinte, ist offensichtlich eine Asylpolitik, die sich nach den geostrategischen Interessen der BRD richtet. Menschen, die »vor Putins Bomben« fliehen, sagte er mit Blick auf ukrainische Flüchtlinge, müssten in Deutschland »immer Obdach finden«. Dies gelte auch für Personen, die aufgrund ihrer politischen Orientierung aus Diktaturen fliehen. Diesen »gesunden Mittelweg« dürfe die Union nicht verlassen: »Weder ein Jeder-darf-rein-Ansatz der Linken, noch ein Alle-Türen-zu-Ansatz der Rechtsradikalen gibt eine echte Antwort«, so Weber.
Am Wochenende hatte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt bereits »Schwarz-Grün« im Bund für aussichtsreich erklärt. In vielen Ländern regiere ihre Partei »mit demokratischen Parteien in verschiedenen Konstellationen«, sagte Göring-Eckardt der Neuen Osnabrücker Zeitung. »Dass wir erschöpft davon sind, im Bund mit SPD und FDP zu regieren, spürt man sicherlich«, fügte sie hinzu. Da sei es doch »völlig in Ordnung, darauf zu verweisen, dass ›Schwarz-Grün‹ in den Ländern gut regieren kann«.
Dies könne »auch im Bund klappen«. Wobei für sie die entscheidende Frage sei, für welchen Kurs sich die Union entscheide: »Setzen sich Friedrich Merz und Hendrik Wüst durch oder Markus Söder?« Dies werde sich 2025 zeigen. Mit ihren Worten bezog sich Göring-Eckardt auf einen aktuellen Dissens in der Union. Söder hat mit einem Veto gegen eine Koalition mit den Grünen im Bund gedroht. CDU-Chef Merz hat ein solches Bündnis zwar auch vorerst abgelehnt, hält es aber für möglich, falls die Grünen sich änderten.
Als Befürworterin einer »schwarz-grünen« Koalition im Bund gilt Franziska Brantner, Kandidatin für einen der beiden Posten im neuen Grünen-Führungsduo. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verwies sie auf die ihrer Ansicht nach erfolgreiche Zusammenarbeit ihrer Partei mit der CDU in Baden-Württemberg, ihrem Heimatbundesland. »Demokraten sollten nicht immer gleich sagen, mit welchen anderen Demokraten sie nicht können. Wir sollten lieber schauen, was wir gemeinsam hinbekommen können.« Gefragt nach Söders Ablehnung der Grünen erklärte sie: »Ach, bei Söder schwankt es ja je nach Tagesform und Tageszeit, was er sagt.«
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