»Frieden durch Stärke«
Von Knut MellenthinDas iranische Außenministerium hat am Sonnabend »kategorisch« Gerüchten widersprochen, dass sich der Multimilliardär Elon Musk, ein enger Vertrauter und Berater von Donald Trump, am vorigen Montag mit dem Botschafter der Islamischen Republik bei der UNO, Amir Saeid Iravani, getroffen habe. Über die angebliche Kontaktaufnahme hatte zuerst die New York Times am Freitag unter Berufung auf zwei nicht näher bezeichnete »iranische Offizielle« berichtet. Das Teheraner Dementi enthält keine weiteren Bemerkungen zur Sache. Immerhin hatte Außenminister Abbas Araghtschi am Mittwoch bei einer spontanen Pressekonferenz behauptet, es bestünden »immer noch« Kommunikationskanäle zwischen dem Iran und den USA, ohne allerdings auf Details einzugehen.
Das steht nicht zwangsläufig im Widerspruch zur Annahme, dass Trump gegenüber Iran die »Strategie des maximalen Drucks« aus seiner ersten Amtszeit von Januar 2017 bis Januar 2021 wiederbeleben wolle. Darüber stellte die Financial Times am Sonnabend Mutmaßungen an, die sich auf nicht namentlich genannte Personen bezogen, die mit den Diskussionen im Übergangsteam des nächsten US-Präsidenten vertraut seien. Trump hatte im Mai 2018 das im Juli 2015 geschlossene internationale Atomabkommen mit dem Iran gekündigt und in zwei Stufen alle Sanktionen wieder in Kraft gesetzt, auf die sein Vorgänger Barack Obama zwei Jahre vorher verzichtet hatte.
Der Erdölexport der Islamischen Republik war 2020 auf nur noch 400.000 Barrel pro Tag gesunken. Gegenwärtig liegt er nach vorherrschenden Schätzungen bei mehr als 1,5 Millionen Barrel pro Tag. Joe Biden, dessen Amtszeit als Präsident in wenigen Wochen zu Ende geht, hatte zwar keine Sanktionen gegen Iran aufgehoben, sondern sogar weitere hinzugefügt, aber er hat ihre Durchsetzung aus Sicht von Trump und dessen Umgebung nicht energisch und konsequent genug betrieben.
»Maximaler Druck« bedeutet unter dieser Voraussetzung den verschärften Einsatz sogenannter sekundärer Sanktionen gegen die Käufer von iranischem Erdöl, die sich hauptsächlich in China befinden. Für eine entsprechende Gesetzgebung hat sich in den vergangenen Jahren der republikanische Kongressabgeordnete Mike Waltz eingesetzt, den Trump zu seinem Nationalen Sicherheitsberater machen will. Der Vorstoß scheiterte bisher daran, dass die Demokraten im Senat die Mehrheit stellten. Das ist nach der Wahl vom 5. Dezember aber nicht mehr der Fall.
Das Ziel der angekündigten Rückkehr zum »maximalen Druck« bestehe darin, »Iran an den Verhandlungstisch zu zwingen«, interpretiert die Financial Times Trumps Absicht. Die Regierung in Teheran solle genötigt werden, ein neues – erheblich ungünstigeres – Atomabkommen auszuhandeln und »ihre regionale Politik zu ändern«, will das Blatt von jenen namenlosen Personen erfahren haben, »die mit dem Übergang vertraut sind«. Tatsächlich hatte Trump im September während des Wahlkampfs gesagt, er wolle eine Vereinbarung mit dem Iran: »Wir müssen einen Deal abschließen, weil die Folgen unmöglich sind.«
Für das angestrebte Abkommen gilt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit das Motto, unter das Trump schon seine erste Amtszeit gestellt hatte: »Peace through strength« (Frieden durch Stärke). Dazu passt, dass der nächste Präsident der USA sein Kabinett fast ausschließlich mit Personen besetzen will, die einen eindeutigen Ruf als »Pro-Israel-Falken« haben. Gemeint sind enge Verbindungen und weitgehende Übereinstimmungen mit dem aggressivsten, expansivstem Teil des Zionismus, der zugleich mit der direkten Annexion der besetzten Westbank und der Wiederbesiedlung des Gazastreifens auch eine militärische Schwächung Irans und dessen wirtschaftlichen Ruin anstrebt.
In Kenntnis dieser Voraussetzungen hat Außenminister Araghtschi am Donnerstag gegenüber dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, bekräftigt, dass Iran zu Gesprächen über sein ziviles Nuklearprogramm bereit sei, aber nicht »unter Druck und Einschüchterung« verhandeln werde.
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