Nazibruder mit Verbindungen
Von Henning von StoltzenbergDer als Rädelsführer der Gruppe »Sächsische Separatisten« angeklagte Neonazi Jörg S. war offenbar Mitglied eines internationalen faschistischen Netzwerks. In Telegram-Chatgruppen soll S. seine Überzeugung offen ausgelebt haben, darunter in einer Gruppe namens »NSB chat«, wie der MDR am Freitag online berichtete. Das Kürzel steht für »National Socialist Brotherhood«. Dem Bericht zufolge gehen die Ermittler davon aus, dass der Neonazi auch Mitglied des NSB-Ablegers »Deutsch Völkische Front« gewesen war. Jörg S. soll anderen Chatmitgliedern des »NSB Chat« zudem vorgeschlagen haben, ein »Camp« in Kroatien abzuhalten, auf dem trainiert und »über das Wichtige persönlich« gesprochen werden könne. Ob dieses Treffen stattgefunden hat, ist bisher nicht bekannt. Erwiesen sei jedoch, dass einige der mutmaßlichen Mitglieder der »Sächsischen Separatisten« wenige Monate später eine Reise nach Kroatien antraten.
Außerdem soll S. durch den Vertrieb von Nazidevotionalien und militärischer Ausstattung Einnahmen erzielt haben. Laut MDR-Bericht soll der 23jährige dafür Inserate im Kleinanzeigendienst von Ebay geschaltet sowie den Telegram-Kanal »Völkischer Flohmarkt« betrieben haben. S. soll Zugang zu scharfen Waffen gehabt haben und mutmaßlich an Verkäufen beteiligt gewesen sein.
Der mutmaßliche Kopf der militanten Neonazigruppe ist der Sohn des 1995 in Österreich wegen »nationalsozialistischer Wiederbetätigung« zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilten Hans-Jörg S. jun. Anfang November hatten Beamte der Bundespolizei, des sächsischen Landeskriminalamtes und des Bundeskriminalamtes insgesamt 20 Wohnungen in Sachsen durchsucht. Beschlagnahmt wurden neben Nazipropagandamaterial auch mehrere Schusswaffen.
Die »Sächsischen Separatisten« sollen laut Bundesanwaltschaft auf den Zusammenbruch des Staates gewartet haben, um dann »mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen zu erobern und mit Waffengewalt einen NS-Staat zu errichten«, wie eine Behördensprecherin gegenüber dem MDR erklärte. Ein Teil der seit 2020 bestehenden Gruppierung habe sich wiederholt in einem Wald nahe Brandis getroffen. Das legen laut Ermittlern verschiedene Fotos aus einer weiteren Chatgruppe nahe. Zu sehen sind darauf Personen in militärischer Ausrüstung. Mit dieser sollen sie in dem Wald unter anderem »Nacht- und Gewaltmärsche« durchgeführt und mit Airsoftwaffen auf einem alten Flugplatz für den Häuserkampf trainiert haben. Die Ermittler sehen darin Belege für »paramilitärische Trainings«, mit denen sich die Neonazis auf ihren »Tag X« vorbereiten wollte.
Für Übungen mit scharfen Waffen wich ein Teil der Gruppe demnach ins Ausland aus: Ein Schießtraining fand offenbar in Tschechien statt, mindestens ein weiteres sei in Polen geplant gewesen. Dort war S., anders als die übrigen Beschuldigten, auch festgenommen worden. Über seine Auslieferung in die BRD muss ein polnisches Gericht entscheiden. Informationen des MDR zufolge hat das Gericht die Überstellung kürzlich bestätigt.
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