Kapitalboss erwartet »Jobtod«
Von Oliver RastDie Rolle spielt er gerne, die des Einmischers: Gesamtmetallboss Stefan Wolf. »Schwarz-gelb« wäre seine »Wunschkoalition« nach der Bundestagswahl Ende Februar. »Denn nur so kann die notwendige Wirtschaftswende in unserem Land gelingen«, wurde der CDU-Parteigänger und passionierte Golfspieler am Mittwoch bei dpa zitiert.
Dazu gehört wohl: Jobvernichtung. Oder wie Wolf es nennt: »Unsere Branche hat im vergangenen Jahr rund 45.800 Arbeitsplätze verloren.« Mehr als ein Drittel der Gesamtmetallmitglieder plane neuerliche Streichungen von Beschäftigungsverhältnissen. »Ich befürchte, dass wir auch 2025 einen weiteren Stellenabbau erleben werden«, so der Verbandspräsident der Metall- und Elektroindustriellen.
Die Auftragsbestände würden von den Unternehmen derzeit so schlecht beurteilt wie auf den Höhepunkten der Finanzkrise 2009 oder der Coronakrise 2020. »Für 2024 erwarten wir daher insgesamt einen Produktionsrückgang von 6,5 Prozent«, sagte Wolf. Auch im neuen Jahr sei keine Trendumkehr in Sicht, sondern erneut ein Minus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Was soll das künftige Bundeskabinett tun? Altbekanntes. Die BRD »wieder zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort machen«, fordert Wolf. »Und dazu gehören natürlich die richtigen politischen Rahmenbedingungen.« Bürokratieabbau, Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes. Übersetzt: Deregulierung im Kapitalinteresse. Mehr noch: Es brauche Steuersenkungen und eine Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge auf 40 Prozent. Ferner geringere Energiekosten vor allem über die Steuerung der Netzentgelte. Übersetzt: Kostenzuschuss aus dem Staatshaushalt.
Nicht zuletzt verlangt der Chef von Gesamtmetall beinahe im Quartal ein höheres Renteneintrittsalter. Für Menschen mit Schreibtischjobs sei Altersruhe mit 70 vertretbar, findet er. Dazu passt, dass Gewerkschaftsforderungen per se unzumutbar sind. Etwa die nach einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich.
Sekundiert wird Wolf von den »Chefvolkswirten« der Deka-Bank und der Commerzbank. Die mahnten gleichfalls am Mittwoch via dpa »Wirtschaftsreformen« samt »Neustart« nach der Bundestagswahl an. Übersetzt: Angriffe auf Mehrwertproduzenten bleiben – das einzige mit Konjunktur.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (2. Januar 2025 um 23:50 Uhr)»Steuerung der Netzentgelte. Übersetzt: Kostenzuschuss aus dem Staatshaushalt.« Falsch, richtig übersetzt: Profitzuschuss aus dem Staatshaushalt!
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Leserbrief von B.S. aus Ammerland (1. Januar 2025 um 20:59 Uhr)Dazu kann man nur anführen: »Daß die Freiheit des Volkes in der parlamentarischen Regierungsform gewährleistet sei, glaubt man schon lange nicht mehr. Dieses Jahrhundert hat gezeigt, daß die Mißwirtschaft, Willkür, Kliquenherrschaft, und Korruption der Parlamente noch schlimmer sein kann als die einer bureaukratischen Verwaltung, und daß sie, einmal eingerissen, noch weit schwerer auszurotten ist.« (Moritz Herrmann)
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