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Aus: Ausgabe vom 16.01.2025, Seite 2 / Ausland
Südafrika

Hungertod für Bergarbeiter

Südafrika: Dutzende Goldgräber nach Polizeieinsatz tot aus Mine geborgen
Von Christian Selz, Kapstadt
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Mindestens 78 tote Bergleute – das ist die bisherige Bilanz eines Polizeieinsatzes an einer aufgegebenen Goldmine in der südafrikanischen Ortschaft Stilfontein, westlich von Johannesburg. Mit der Operation »Vala Umgodi« (»Löcher stopfen«) will Südafrikas Regierung gegen illegalen Bergbau vorgehen. Monatelang war dazu ein verlassenes Minengelände umstellt worden. Ein Konzept, die Kumpel aus dem 2.600 Meter tiefen Schacht zu holen, fehlte aber zunächst. Seit Montag versuchen Rettungskräfte nun mit einem Kran und einer Winde, die Bergleute zu retten. Viele von ihnen können jedoch nur noch tot geborgen werden, die Überlebenden sind sichtbar schwer unterernährt. Weil noch immer Hunderte Menschen unter Tage vermutet werden, soll der Einsatz noch mindestens eine Woche andauern. Die Opferzahlen steigen täglich.

Südafrikas Regierung bleibt dennoch bei ihrem kompromisslosen Kurs. Überlebende Kumpel werden festgenommen. Es könne keine humanitäre Lösung für Kriminelle geben, erklärte Bergbauminister Gwede Mantashe am Dienstag bei einem Ortsbesuch. »Es ist eine illegale Aktivität. Das ist ein Angriff auf unsere Wirtschaft, überwiegend durch Ausländer«, gab der Politiker der ehemaligen Befreiungsbewegung und heutigen Regierungspartei African National Congress (ANC) zu Protokoll. Auch die Polizei weist in ihren Statistiken stets akribisch genau darauf hin, wie viele der festgenommenen Bergarbeiter aus welchen Nachbarländern Südafrikas stammen. Dass die Kumpel oder ihre Väter einst aktiv für die Minenkonzerne des Landes angeworben wurden, bleibt dabei freilich unerwähnt.

Gemeindeaktivisten beklagen zudem, dass die Regierung keine Lösungen für die arbeitslos gewordenen Kumpel geschlossener Minen angeboten habe. In der aktuellen Situation hatten Aktivisten zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass das Gros der Bergleute nicht mehr aus eigener Kraft aus dem Schacht kommen konnte. Der Regierung werfen sie vor, sie habe die Menschen durch die verzögerte Rettungsaktion verhungern lassen, obwohl ein Gericht der Einsatzleitung auferlegt hatte, eine Versorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten. Auch die nun angelaufene Rettungsaktion erfolgte erst aufgrund eines Eilurteils vom vergangenen Freitag.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Detlev R. aus Tshwane, Südafrika (15. Januar 2025 um 21:05 Uhr)
    Das unwürdige Drama um die irregulären Bergarbeiter in der Stilfontein-Mine entfaltet sich nun schon seit Monaten vor den Augen der Öffentlichkeit in Südafrika. Die Rettungsaktion, die schlussendlich nur durch ein Gerichtsurteil erzwungen wurde, kommt für viele der Kumpel offensichtlich zu spät. Diese irregulären Bergarbeiter – die hierzulande »Zama-Zamas« und »illegal miners« genannt werden – versuchen seit vielen Jahren ihr Glück in stillgelegten Goldminen, die für die großen internationalen Bergbauunternehmen unrentabel geworden sind, aber noch gewisse Mengen an Edelmetallen enthalten. In Südafrika war und ist der Abbau von Rohstoffen wie Kohle, Edelmetallen, Diamanten äußerst streng reguliert, um die Interessen der großen Bergbau-Monopole zu schützen. Ohne ein illegales mafiöses Netzwerk von Ankauf und Vertrieb können die Zama-Zamas ihre Ausbeute wohl kaum zu Geld machen. Vermutlich gäbe es ohne diese Mafia auch keine Zama-Zamas, die unter lebensgefährlichen Bedingungen untertage arbeiten. Die meisten, weil die Arbeitslosigkeit sie dazu zwingt, irgendwie für ihre Familien zu sorgen. Das alles ist bekannt. Die Legalisierung dieses Industriezweiges ist eine Notwendigkeit, Vorschläge dazu gibt es seit langem. Regierung und Parlament haben diesbezüglich bisher nichts zustandegebracht. Die Entwicklung der Bergbauindustrie (und deren Maximalprofite) seit der Entdeckung von Diamanten und Gold im 19. Jahrhundert in Südafrika, ist ohne das System der Wanderarbeit, d. h. das Anwerben von billigen schwarzen Arbeitskräften im gesamten südlichen Afrika, nicht denkbar. Das hat sich, leider, im demokratischen Südafrika noch nicht geändert. Dass sich unter den Zama-Zamas viele Wanderarbeiter aus Nachbarländern befinden, ist also keine Sensation. Rechte Demagogen schüren jedoch seit geraumer Zeit ausländerfeindliche Stimmungen in der Bevölkerung. Dass auf Regierungsseite auch noch diese üble Melodei angestimmt wird, statt dagegenzuhalten, ist traurig genug.

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