Ikonische Bilder
Von Matthias ReicheltDer bekannte DDR-Fotograf Thomas Billhardt, geboren am 2. Mai 1937 in Chemnitz, wurde schon durch seine Mutter, Maria Schmid-Billhardt (1901–1983), vorgeprägt. Die hatte sich als Dienstmädchen bei einer Fotografenfamilie das Handwerk abgeguckt und dann ein Fotostudio für Porträtaufnahmen in Chemnitz geführt. Bei ihr lernte er die Grundlagen der Fotografie, und sie ermutigte ihn, nach einem Studium an der Fachhochschule für angewandte Kunst in Magdeburg die Ausbildung als Fotograf an der Hochschule für Buchkunst und Grafik in Leipzig zu machen, die er 1959 bis 1963 absolvierte. Während des Studiums erhielt Billhardt die Empfehlung, nach Berlin zu fahren und sich bei der Kulturabteilung der FDJ als Fotograf zu bewerben. Das war der Beginn seiner Fotografenkarriere mit vielen Auslandsaufenthalten in der UdSSR, Vietnam, Kuba, Nicaragua und diversen afrikanischen Ländern.
Gemäß der außenpolitischen Orientierung der DDR dokumentierte er den Befreiungskampf des Vietcong gegen den US-Imperialismus. Auch die um Befreiung vom Kolonialismus ringenden Länder und die erste freie Wahl in Chile 1970, aus der Salvador Allende als Staatspräsident hervorging, waren Gegenstände seiner Reportagen. Bei der Siegesfahrt Allendes im offenen Wagen machte Billhardt ein vielsagendes Foto, auf dem General Pinochet, auf dem Pferd reitend, dem Präsidenten einen skeptischen Blick zuzuwerfen scheint. Drei Jahre später, am 11. September 1973, stirbt Allende beim Putsch Pinochets.
Putschist und Opfer in einer Fotografie, die nach dem Staatsstreich eine ganz neue Lesart erfuhr. Auch in Vietnam gelangen Billhardt ikonische Bilder, mit denen er die Qualen des Krieges auf den Gesichtern einfing. Seine große Liebe gehörte diesem Land ebenso wie dem von der Batista-Diktatur befreiten Kuba. In dem sozialistischen Inselstaat war er von den jungen Menschen fasziniert. Aber auch dem lebendigen, wie temperamentvollen und auch spontanen Fidel Castro widmete er sein fotografisches Interesse bei dessen Staatsbesuchen in der DDR.
Auch nach dem Untergang der DDR reiste Billhardt weiter um die Welt. Die Medien des vereinten Deutschlands begannen sich für sein Werk zu interessieren, wofür er einen ideologischen Kotau machen musste und sich in einer ARD-Doku als »Verführter« darstellen ließ, der schließlich begriffen habe, dass der »Sozialismus, so wie er ist, gar keiner ist und dass seine Fotos den Falschen dienen …« Thomas Billhardt, dessen Werk im Besitz der Galerie Camera Work AG ist, starb am 23. Januar 2025 im Alter von 87 Jahren.
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