»Sie entwickeln Technologie für die Armee«
Interview: Annuschka EckhardtAm kommenden Montag veröffentlichen Sie einen »Bericht über Boykott, Desinvestition und Sanktionen, BDS, für die Freie Universität Berlin«. Weiter heißt es, um »die akademische ethische Verantwortung zu wahren, muss die Komplizenschaft mit dem anhaltenden Völkermord und den Verstößen gegen das Völkerrecht enden«. Worum geht es in dem Report?
Der Bericht zielt darauf ab, dass die Freie Universität Berlin, FU, ihre Verbindungen zu israelischen Universitäten und Hochschulen kappt, die direkt an der Apartheid beteiligt sind und die gegen internationales Recht verstoßen. Er legt dar, wie israelische Bildungseinrichtungen in den Völkermord in Gaza verwickelt sind. Wir wollen damit eine Kampagne zum Boykott Israels innerhalb der FU starten. Wir appellieren an Solidaritätsgruppen an anderen Universitäten, dasselbe zu tun. Der Bericht richtet sich nicht nur an die Institution selbst, sondern auch an die Studierenden, Professoren und anderen Beschäftigten. Sie sollten sich nicht an den Kooperationen mit israelischen akademischen Institutionen beteiligen.
Welche Rolle spielen israelische Universitäten bei Verstößen gegen das Völkerrecht und Kriegsverbrechen in Gaza und in der Westbank?
Sie entwickeln Technologie für die israelische Armee. Dazu gehört auch Militärtechnik. Zusätzlich arbeiten sie an Taktiken und bilden das Personal der israelischen Armee aus. Und dann ist da noch die Frage der Sozialwissenschaften. Sie arbeiten daran, die Apartheid zu normalisieren, nicht nur auf dem eigenen Territorium, sondern auch auf internationaler Ebene. Für Studenten, die aktiv am Völkermord teilnehmen, werden Kredite bereitgestellt.
Die FU, die sich gerne mit dem studentischen Protest der 68er Jahre schmückt, ließ im vergangenen Jahr Proteste ihrer Studierendenschaft von der Polizei niederknüppeln.
Die Repression gegen Studenten in Berlin war eine funktionale Maßnahme, um die Apartheid und den Genozid zu normalisieren.
Wie weit geht die Zusammenarbeit der FU mit israelischen Universitäten?
Unser Bericht zeigt, dass die FU mit der Hebräischen Universität von Jerusalem eine sogenannte strategische Partnerschaft unterhält. Die Uni ist laut Karten der UN-Organisation OCHA eine illegale Siedlung. Der Campus befindet sich in der sogenannten entmilitarisierten Zone in Ostjerusalem, doch dort gibt es eine israelische Militärbasis. Die Uni hat auch Einrichtungen in den besetzten palästinensischen Gebieten, unter anderem Studentenwohnheime. Wie kann das kein Verstoß gegen das internationale Recht sein?
Die FU verfügt über spezielle Mittel, um gemeinsame Kurse mit der Hebräischen Universität zu finanzieren. Außerdem haben sie einen gemeinsamen virtuellen Campus, es gibt also eine ganze Infrastruktur, die es der Universität ermöglicht, sozusagen als Erweiterung der anderen zu arbeiten. Und dann gibt es noch die Austauschprogramme: FU-Studenten haben die Möglichkeit, an der Universität von Jerusalem zu studieren. Sie leben dann in Studentenwohnheimen in Ostjerusalem und werden so zu Komplizen gemacht. Insgesamt unterhält die FU elf Forschungsprojekte mit israelischen Institutionen. Mehrere in den Sozialwissenschaften, aber es gibt auch Forschungsprojekte in der Physik, die meiner Meinung nach am problematischsten sind. Wissenschaftliche Arbeit kann verwendet werden, um militärische Interventionen und militärische Gewalt zu normalisieren.
Was fordern Sie von Ihrer Universität?
Auch wenn wir wenig von der Leitung und Verwaltung der Universität erwarten, weil sie immer noch Strafverfahren gegen unsere aktiven Mitstudierenden führen, haben wir eine Reihe von Forderungen. Dieser Bericht ist ein weiterer Versuch, an die politische Verantwortung der Universität zu appellieren. Wir fordern sie auf, die institutionellen Beziehungen zu israelischen Universitäten auszusetzen. Des weiteren muss eine Untersuchungskommission eingesetzt werden, um sowohl die institutionelle als auch die individuelle Verantwortung für das Bestehen dieser Beziehungen zu ermitteln. Wir sprechen auch ganz klar die Studierendenschaft und die Beschäftigten der Universität an, sich nicht an Kollaborationen und Austauschprogrammen zu beteiligen.
Luis Cortés engagiert sich in Palästina-Solidaritätsgruppen an der FU Berlin
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