Längste Flaute seit 20 Jahren
Von David MaiwaldDie Bundesrepublik steckt in der längsten Rezession seit 20 Jahren. Nun hat auch das Statistische Bundesamt seine Aussagen zur Wirtschaftsentwicklung korrigiert. Die Wiesbadener Behörde teilte am Donnerstag einen Rückgang des Wirtschaftswachstums um 0,2 Prozent für das letzte Quartal des Jahres 2024 und auch für das Gesamtjahr mit. Es ist das zweite Jahr in Folge mit einer negativen Wirtschaftsleistung, zuletzt habe es eine solche Entwicklung in den Jahren 2002 und 2003 gegeben, befand dazu die Nachrichtenagentur dpa.
Die Bundesrepublik markiert im EU-Vergleich eines der Schlusslichter. Der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge verzeichnete nur Irland mit 1,3 Prozent einen stärkeren Rückgang der Wirtschaftsleistung. Während der private Konsum dem Statistikamt zufolge leicht anzog, gingen die Exporte zurück. Für das laufende Jahr geht die Bundesregierung ihrem Jahresbericht zufolge von einem Wachstum von 0,3 Prozent aus. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Wachstumserwartung sich nicht erfüllt. Marktbeobachter mussten bereits in den letzten Jahren ihre positiven Prognosen zurücknehmen.
In seiner Regierungserklärung am Donnerstag bemühte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) im Bundestag erneut eine bekannte Lesart: Die Bundesrepublik habe sich zu lange auf billiges Gas aus Russland verlassen und darauf, »dass China als Werkbank des Landes immer funktioniert und auch der gutwillige Markt ist, wo wir unsere Produkte hin verkaufen können«. Dass die Ampel in ihrer zu Ende gehenden Legislatur – erfolglos – damit beschäftigt war, die Folgen ihrer fatalen Sanktionspolitik gegen Russland aus dem Weg zu räumen, erwähnte Habeck nicht, befand dafür aber, die Ampel habe »fiskalpolitisch keine Wachstumsimpulse gesetzt«. Jahrelang ausbleibende Investitionen seien »bei den verspäteten Bahnen, bei den bröselnden Brücken, bei den nicht sanierten Schulen« sichtbar. Die »Schuldenbremse« müsse nun »strukturell hinterfragt« werden.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) unterstützte Habeck am Donnerstag und sprach sich ebenso für eine Reform der »Schuldenbremse« aus. In der BRD seien die Nettoinvestitionen durch das Instrument seit den 2000er Jahren »fast durchgehend negativ, der Wertverfall der öffentlichen Infrastruktur höher als die staatlichen Investitionen«, erklärte DIW-Chef Marcel Fratzscher die Wirkung des Instruments aus der Kritikerperspektive. Die öffentliche Daseinsfürsorge verschlechtere sich demnach, »ebenso die Rahmenbedingungen für Unternehmen, um innovativ zu sein und sich im globalen Wettbewerb zu behaupten«.
Doch weder Rahmenbedingungen noch Aussichten sind für Unternehmen derzeit positiv. Nachdem die Anzahl an Firmenpleiten im vergangenen Jahr Rekordwerte erreicht hatte, will ein großer Teil der Unternehmen auch 2025 eher Stellen streichen als Beschäftigung sichern. In der Autoindustrie und im Maschinenbau ging die Produktion im vergangenen Jahr zurück, auch waren die Investitionen der Unternehmen rückläufig. Einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts zufolge wollen nun vor allem in der Industrie und im Handel rund 23 Prozent der befragten Industriebetriebe eher Stellen abbauen als neue schaffen.
Im Handel betreffe das dem Ifo-Beschäftigungsbarometer zufolge insgesamt 15,6 Prozent der Unternehmen. Weil sich die Bevölkerung nach drei Jahren stetig steigender Preise bei Anschaffungen zurückhalte, werde weniger Personal gebraucht, hieß es. Steigende Kaufkraft zeichnet sich dadurch nicht ab. Die Bundesagentur für Arbeit könnte an diesem Freitag erstmals seit beinahe zehn Jahren wieder von mehr als drei Millionen Erwerbslose sprechen. Die Behörde unter Leitung von Andrea Nahles (SPD) hatte im Dezember bereits rund 2,8 Millionen Erwerbslose registriert.
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