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Deprimierende Zinspolitik

Zu Lust und Risiken des Kapitalverkehrs
Von Lucas Zeise
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Die kleine Zinssenkung am vergangenen Donnerstag durch die Europäische Zentralbank (EZB) wird nicht als bedeutendes geldpolitisches Ereignis in die Annalen eingehen. Sie war erwartet worden, sie lag im Trend und sie passt glänzend zur deprimierenden Wirtschaftslage. Einige Stunden nachdem die europäische Statistikbehörde das glatte Nullwachstum für die gesamte Euro-Zone im 4. Quartal 2024 bekanntgegeben hatte, verkündete die EZB, dass der Einlagenzins (zu dem die Banken überschüssiges Geld bei den Notenbanken des Euro-Systems parken können) von 3,0 auf 2,75 Prozent gesenkt wird.

Auch der Kommentar der EZB-Präsidentin Christine Lagarde dazu war unspektakulär: Die Entscheidung im Zentralbankrat sei einstimmig erfolgt, eine Diskussion über eine kräftigere Senkung – etwa um einen halben Prozentpunkt auf 2,5 Prozent – oder bis zu welchem Punkt die EZB die Zinsen noch senken wolle, habe nicht stattgefunden, Ihre Bemerkung, das jetzt erreichte Zinsniveau sei immer noch »restriktiv«, weist allerdings deutlich darauf hin, dass demnächst mit weiteren Senkungen zu rechnen ist. Denn Lagarde erwartet auch, dass die Wirtschaft der Euro-Zone weiter »Gegenwind« verspüren und schwach bleiben wird, dass die Industrieproduktion weiter schrumpfen und das »Konsumentenvertrauen labil« bleiben wird. Positiv erscheint nur die Erwartung, dass die Inflation vom jüngsten Niveau von 2,4 Prozent wohl weiter zurückgehen dürfte.

Die von Eurostat veröffentlichen BIP-Wachstumsraten für die Euro-Zone zeigten nicht nur, dass die deutschen Daten mit minus 0,2 Prozent im letzten Quartal (gegenüber dem Vorquartal) wieder schlechter als die der Konkurrenz sind, sondern dass das Wachstum in Frankreich (minus 0,1 Prozent) und Italien (plus/minus null) auch weiter abgerutscht ist – die Euro-Zone also insgesamt dabei ist, weiter ins Minus zu rutschen.

Das Wachstum in den USA wirkt verglichen damit mit plus 2,3 Prozent im 4. Quartal nachgerade gigantisch. Die jährliche Wachstumsrate der US-Wirtschaft betrug 2024 sogar 2,8 Prozent. Passend dazu nahm die US-Notenbank Fed nach der Sitzung ihres Entscheidungsgremiums am Mittwoch keine Senkung ihres Zielzinses vor und ließ ihn in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent. Der Fed-Präsident Jerome Powell stellt ähnlich wie seine EZB-Kollegin ebenfalls fest, dass dieses Leitzinsniveau über dem »neutralen Zinssatz« liegt, also restriktiv oder bremsend wirkt.

Man kann da sogar den neuen Präsidenten Trump verstehen, der Powell und die Fed drängt, die Zinsen möglichst schnell zu senken. In Euro-Land gibt es keinen Präsidenten, und schon gar nicht einen, der ein Ende der restriktiven Notenbankpolitik fordert. Es ist schon ziemlich absurd, dass im Zentralbankrat laut Lagarde nicht einmal eine Diskussion darüber stattfindet, ob man in einer Phase, wenn in Euro-Land Stagnation herrscht – im größten Land Deutschland sogar schon im dritten Jahr Rezession – nicht wenigstens die Zinsen schneller nach unten schieben kann.

Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen.

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