»Elon Musk passt gut ins Konzept«
Interview: Gitta DüperthalAm Montag haben Sie vor dem Axel-Springer-Hochhaus in Berlin protestiert, wo die Zeitung Welt einen Wirtschaftsgipfel abhielt. Das Motto lautete: »Hinter dem Faschismus steht der Milliardär«. Wie sind Sie ihm auf die Schliche gekommen?
Die immer engere Verquickung von Elon Musk und der AfD hat uns zu unserer Aktion inspiriert. Beim Kongress 2024 wurde abgestimmt, dass in diesem Jahr die AfD-Vorsitzende Alice Weidel teilnehmen sollte. Online zugeschaltet war der Milliardär und Berater des US-Präsidenten Donald Trump, Musk. Kürzlich durfte er der Leserschaft der Welt am Sonntag im Gastbeitrag seinen Wahlaufruf für die AfD bei der Bundestagswahl unterbreiten. Um zu verdeutlichen, wie Reichtum und Einfluss auf die Politik zusammenhängen, waren wir vor dem Springer-Hochhaus, mit Musk-Maske und einem Transparent, das ihn und seine »Hitlergrußgeste« abbildet.
Welche Bedeutung hat solch ein Kongress?
Dort tauschen sich Politikerinnen und Politiker mit Kapitalvertretern aus; auch solchen, die eine extrem rechte Agenda haben. Sie knüpfen Kontakte, treffen Absprachen und erhalten privilegierten Zugang, um ihren Einfluss geltend zu machen. Die Zeitungen Welt und Bild gehören zum Springer-Konzern, mit dem Milliardär Mathias Döpfner als Vorstandsvorsitzenden, der auf die Linie seiner Blätter Einfluss nimmt. Diese Zeitungen machen Stimmung gegen Geflüchtete und Bürgergeldbeziehende, verschieben so das Bewusstsein der Bevölkerung weiter nach rechts. Da passt Elon Musk gut ins Konzept.
Bislang scheint die herrschende Klasse auf den Schwenk zum Faschismus verzichten zu können.
Die Hetze gegen Schutzsuchende und Arme ist ein Schritt in Richtung Autoritarismus, der die Gesellschaft in die soziale Spaltung hineintreibt und den Zusammenhalt gefährdet. Die AfD treibt mit ihrer Politik der Ausgrenzung bereits die anderen Parteien vor sich her. Nun ist zu erkennen, dass sich die Forderungen von CDU und FDP von denen der Afd nicht mehr groß unterscheiden und sie dies nun auch gemeinsam mit der AfD in Gesetzesform gießen wollen. Die sogenannte Brandmauer zur AfD ist damit Geschichte.
In einer Mitteilung verweisen Sie auf die Einflussnahme des aus Südafrika stammenden US-Techoligarchen Musk unter anderem durch die von ihm neu ausgerichtete Plattform X. Worin unterscheidet sich dessen publizistische Macht vom Axel-Springer-Konzern oder dem Medienimperium von Rupert Murdoch?
Es gibt noch einen qualitativen Unterschied zwischen den Onlineplattformen und klassischen Medien. Auch letztere verschieben Diskurse nach rechts, wenn sie ihren Lesern Hetze gegen Minderheiten unterbreiten, unterliegen aber noch presserechtlichen Schranken. Auf Netzwerken wie X haben Neonazis und Rechte noch mehr Möglichkeiten zur Stimmungsmache: Sie nutzen ungebremst Fake News. Sie verbreiten zum Beispiel ungehindert ein gefaktes Bild mit einer komplett erfundenen Nachricht und treiben so den Spaltkeil noch tiefer in die Gesellschaft hinein. Dem setzen die Netzwerke kaum noch Faktenchecks entgegen, die Algorithmen verstärken Hasspostings.
Sie sprechen sich dafür aus, Reichtum endlich angemessen zu besteuern. Welche Institution soll das bewerkstelligen, angesichts der vielen auch legalen Möglichkeiten für Reiche, sich dem Zugriff des Fiskus zu entziehen?
Die Besteuerung hoher persönlicher Vermögen durch die Finanzämter war bis in die 90er Jahre möglich und ist es auch immer noch. Selbstverständlich braucht es gut ausgestattete Kontrollen und Maßnahmen gegen Steuerflucht. Aber das wäre machbar, wenn der politische Wille zu einer Besteuerung von Vermögen da wäre. So wären große Beträge für die Allgemeinheit zu erzielen. Nach unserem Modell sollte eine Steuer Vermögen ab 20 Millionen Euro schrittweise abschmelzen, damit die Reichen peu à peu weniger reich werden. Die Höhe dieses Betrags kennzeichnet den Übergang von Mittelstands- zu Großvermögen.
Julia Günther ist aktiv in der Kampagnengruppe »Tax the rich« von ATTAC
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