Gipfel verlangt Waffenruhe
Von Bernard Schmid![2025-02-08T102321Z_1420939650_RC22QCAYSC4U_RTRMADP_3_CONGO-SECUR](/img/450/205285.jpg)
Wird der militärische Konflikt im Osten der Demokratischen Republik (DR) Kongo nun, nach mehr als 3.000 Toten und knapp einer halben Million Vertriebenen, stillgelegt? Noch ist es zu früh, darüber zu urteilen. Fest steht jedoch, dass das regionale Gipfeltreffen am Sonnabend im tansanischen Daressalam mit einem Aufruf zur »sofortigen und bedingungslosen Waffenruhe« endete. Dennoch werden die Ergebnisse der Zusammenkunft schon jetzt reichlich unterschiedlich interpretiert. Zu ihr kamen sowohl die acht Mitgliedsländer der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) als auch die 16 Mitgliedstaaten der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) zusammen. Die beiden Hauptbeteiligten an dem Regionalkrieg, die DR Kongo und Ruanda, gehören beide der EAC an, ferner ist die DR Kongo zusätzlich Mitglied in der SADC.
Die ruandische Regierung in Kigali begrüßte die Beschlüsse des Gipfels uneingeschränkt, Außenminister Olivier Nduhungirehe sprach von einem »historischen und erfolgreichen« Treffen. Dafür, dass man sich auf seiten von Ruandas Präsidenten Paul Kagame zufrieden zeigt, dürfte es vor allem zwei Gründe geben. Zum einen enthält die angenommene Resolution keine Verurteilung Ruandas als Aggressor, obwohl das Land erkennbar an der Militäroffensive der Rebellenarmee »M 23« gegen den souveränen Nachbarstaat DR Kongo beteiligt ist. Auch international kam Ruanda bislang um scharfe Verurteilungen und Sanktionen herum. Gegen eine »Visit Rwanda«-Werbekampagne des von Katar finanzierten französischen Fußballklubs PSG läuft jedoch eine Boykottaktion.
Zum anderen forderte der Gipfel zu umfassenden Verhandlungen unter allen Konfliktparteien auf, die »M 23« eingeschlossen. Dazu wurden die vorausgegangenen sogenannten Luanda- und Nairobi-Prozesse – unter der jeweiligen Vermittlung der Regierungen von Angola und Kenia – wiederbelebt. Es entspricht aber genau der Position Kigalis, dass die Regierung in Kinshasa mit der »M 23« verhandeln müsse und dass die Rebellengruppe als eigenständiger Akteur wahrzunehmen sei. Hingegen lautet die regierungsoffizielle Position der DR Kongo, dass Ruanda hinter ihr stehe.
In Wirklichkeit wäre dabei zu differenzieren. Dass die »Bewegung des 23. März« sowie ihr Vorläufer, der 2009 entwaffnete »Nationalkongress des kongolesischen Volkes« (CNDP), Zulauf erhielten, hat durchaus auch manifeste innerkongolesische Gründe. Die Tatsache, dass die Regierung in Kinshasa – begonnen noch unter dem Diktator Mobutu vor dessen Fall 1997 – gegen das heute von der Bevölkerungsgruppe der Tutsi regierte Ruanda kämpfende Gruppen von Hutu-Extremisten und -Völkermördern im Ostkongo duldete, wurde von den kongolesischen Tutsi bzw. Banyamulenge als existentielle Bedrohung wahrgenommen. Wahr ist zugleich, dass Ruanda heute direkt am Krieg der »M 23« beteiligt ist und dabei auch unverkennbare Rohstoffinteressen verfolgt.
Auch innerhalb Ostafrikas treten Rivalitäten zu Tage. Burundi entsandte eigene Truppen in den Ostkongo zur Unterstützung von Kongos Regierungsarmee, was auch gegen den unmittelbaren Nachbarn Ruanda gerichtet ist. Ferner erklärt sich die neue Offensive der »M 23« seit 2021 – nachdem es um die Rebellen seit 2012 über Jahre hinweg ruhig geblieben war – laut der Spezialistin für Zentral- und Ostafrika Stéphanie Wolters vom Institut ISS Africa auch daraus, dass die Regierung Ruandas sich über das Vordringen der ökonomischen Interessen eines anderen Nachbarn im Ostkongo Sorgen machte: Uganda begann dort Straßen und Infrastrukturprojekte zu errichten.
Die SADC ihrerseits hat seit 2023 eine eigene Streitmacht als Puffertruppe in die DR Kongo entsandt. Ruanda fordert explizit ihren Rückzug. Das ökonomisch stärkste SADC-Mitgliedsland, Südafrika, hatte in den vergangenen Wochen 13 getötete Soldaten im Ostkongo zu beklagen. Präsident Cyril Ramaphosa kritisierte deswegen seit Anfang Februar mehrfach die »M 23« und Ruanda. Kagame antwortete seinem südafrikanischen Amtskollegen, dessen Land helfe der kongolesischen Regierung, »ihr eigenes Volk zu bekämpfen« – die Beziehungen zwischen Pretoria und Kigali sind seit Jahren angespannt.
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