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Aus: Ausgabe vom 10.02.2025, Seite 7 / Ausland
Indien

Denkzettel für Alternativpartei

Indien: Antikorruptionsaktivist Arvind Kejriwal muss in Delhi Wahlfiasko hinnehmen
Von Thomas Berger
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AAP-Chef Kejriwal: Der Korruptionsbekämpfer, der über eine vermeintliche Korruptionsaffäre stolperte (Neu-Delhi, 11.5.2024)

Er war im März 2024 der erste amtierende Chefminister einer Regionalregierung in der indischen Geschichte, der festgenommen wurde und rund ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbrachte, bevor er Mitte September auf Kaution freikam. Bei den Wahlen im Haupstadtterritorium Delhi am 5. Februar hatte Arvind Kejriwal, dessen Aam Admi Party (AAP) die letzten zehn Jahre in der Metropole politisch dominierte, auf einen erneuten Triumph gehofft. Die Stimmauszählung am Sonnabend offenbarte allerdings ein Fiasko der »Partei des kleinen Mannes«, wie der Name der AAP übersetzt lautet – und ihres Anführers, der als einer der wichtigsten Gegenspieler von Indiens hindunationalistischem Premier Narendra Modi gilt. Modis Indische Volkspartei (BJP) konnte nach 27 Jahren fernab der Machttröge in der Megacity ein unerwartet starkes Comeback feiern. 48 der 70 Sitze im Regionalparlament gingen an die BJP, während die AAP von 62 auf 22 Mandate abstürzte. Unter anderem Kejriwal selbst und sein wegen angeblicher Korruption mitangeklagter einstiger Vize Manish Sisodia verloren ihre Sitze. Nur die scheidende Chefministerin Atishi Marlena Singh, die das Spitzenamt am 21. September vom zurückgetretenen Kejriwal übernommen hatte, verteidigte ihren Wahlkreis, was einer von wenigen AAP-Erfolgen war.

Eine Überraschung ist der klare Sieg der Modi-Partei nicht: Die 48 Sitze liegen ganz im Rahmen dessen, was jüngste Umfragen vorausgesagt hatten. Zu Lasten der AAP, die immerhin einen Stimmenanteil von 43 Prozent erreichte (gegenüber knapp 46 Prozent für die BJP), ging zum Beispiel der Fakt, dass die sozialliberal-säkularen Kräfte getrennt antraten – im Dreierduell um die Sitze hatten so zumeist die rechten Kandidaten am Ende die Nase vorn. Sowohl die Aam Admi Party als auch die altehrwürdige Kongresspartei (INC), die Delhi von 1998 bis 2013 regierte, gehören zwar auf nationaler Ebene zur breiten Oppositionsallianz INDIA, befinden sich aber in der Hauptstadt als Konkurrenten seit jeher eher auf Konfrontationskurs. Ein denkbares Wahlbündnis war deshalb früh gescheitert. Der INC konnte zum dritten Mal kein einziges Mandat holen, zog aber wichtige Stimmen ab.

Gleichwohl hat der Einbruch der AAP viele Ursachen. Indische Wahlen haben gerade auf regionaler Ebene die Tendenz, nur selten eine amtierende Regierung zu bestätigen. Manche überstehen nicht einmal eine komplette Legislaturperiode. Dass die AAP, die 2015 alle 70 Mandate einheimste, vor fünf Jahren immerhin 62 davon verteidigen konnte, lag auch an ihrer guten Bilanz: In der ersten vollen Amtszeit, erinnerten jetzt noch einmal viele Wahlanalysen einheimischer Medien, hatte sich tatsächlich für die Menschen spürbar vieles bei Infrastrukturentwicklung und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse getan, wofür das Team des einstigen Antikorruptionsaktivisten Kejriwal damals entsprechend honoriert wurde.

Seit 2020 hätten viele Einwohner Delhis aber nur noch das ständige Tauziehen zwischen Regional- und nationaler Regierung – letztere vertreten durch den Gouverneur, den es neben der Selbstverwaltung gibt – wahrgenommen, was die Sacharbeit nahezu blockierte, hieß es etwa einem Beitrag von NDTV. Für echte Probleme, zuletzt abermals in den Schlagzeilen: die enorme Luftverschmutzung mit gesundheitsschädlichem Feinstaub, aber auch der Müll, giftbelastetes Wasser und einiges mehr, hatte es keine Lösung gegeben. Zudem sei die als echte Alternative und Graswurzelbewegung angetretene AAP in der Bevölkerung zusehends als weitere »Altpartei« angesehen worden. Selbst viele der Freiwilligen, einst besondere Stärke gerade bei Wahlkämpfen, haben der Partei inzwischen den Rücken gekehrt.

Kejriwal räumte noch am Auszählungstag sichtbar bedrückt und ernüchtert die Niederlage ein. Der AAP, die auch im nahen Punjab die dortige Regionalregierung stellt, steht nun eine schmerzliche Aufarbeitung bevor. Modi und die BJP hingegen, die bei der nationalen Wahl 2024 noch deutlich Federn lassen mussten, jubeln. Sie hatten zuletzt schon im November das bevölkerungsstarke Maharashtra mit der Wirtschaftsmetropole Mumbai für sich zurückerobert.

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