Bogotá geht zu Angriff über
Von Volker HermsdorfSeit knapp zwei Wochen eskalieren in der nordostkolumbianischen Region Catatumbo gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den bewaffneten Gruppen »Nationale Befreiungsarmee« (Ejército de Liberación Nacional, ELN) und einer Splittergruppe der früheren FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo). Über 80 Zivilisten sollen bereits getötet und Tausende Menschen vor der Gewalt ins benachbarte Venezuela geflohen sein. Präsident Gustavo Petro verhängte am Freitag den Ausnahmezustand über die Region und ließ Truppen in das Grenzgebiet verlegen. Der seit 2008 nicht mehr ausgerufene Ausnahmezustand gilt zunächst für 90 Tage und nur für die Region von Catatumbo. Die humanitäre Lage gilt dort als kritisch. Laut den örtlichen Behörden sind mittlerweile rund 40.000 Menschen aus ihren Dörfern vertrieben worden.
Wie Verteidigungsminister Iván Velásquez Gómez am Wochenende mitteilte, fanden erste Kämpfe zwischen Armee und ELN statt. »Der Befehl lautet, die Kontrolle über das Gebiet herzustellen«, erklärte er in der Grenzstadt Cúcuta. Dafür seien inzwischen mehr als 9.000 Soldaten in die Gegend geschickt worden. Die Angriffe der ELN auf die FARC-Gruppe, die in Friedensverhandlungen mit der Regierung steht, begannen Mitte Januar. In einer Erklärung rechtfertigte die ELN ihre Attacken als Reaktion auf angebliche Aktionen ehemaliger FARC-Mitglieder gegen die Bevölkerung, bei denen mehrere Menschen getötet worden seien. Zuvor war es allerdings schon zu Zusammenstößen zwischen der ELN und einem von ehemaligen paramilitärischen Gruppen gebildeten Drogenkartell gekommen. Dabei ging es offenbar um die Kontrolle über den Kokainhandel. Catatumbo gilt als strategisch wichtig, weil von hier aus Drogen außer Landes geschmuggelt werden können.
Das Land leidet seit Jahrzehnten unter bewaffneten Konflikten, an denen neben der Armee und linken Guerillaverbänden auch rechte Paramilitärs und Drogenbanden beteiligt sind. 2016 hatte die größte Guerillaorganisation FARC ein Friedensabkommen mit der Regierung vereinbart, das mehrere Splittergruppen jedoch ablehnten. Durch die aktuellen Gefechte wurde eine Waffenruhe gebrochen, während die derzeit rivalisierenden Gruppen in Verhandlungen mit der Regierung standen. Nach der Eskalation brach Petro die Gespräche mit der ELN ab, die er als eine »mit Narco-Bewaffnung ausgestattete Organisation« bezeichnete. Am Sonnabend traf Iván Velásquez sich mit seinem venezolanischen Amtskollegen Vladimir Padrino López, um Möglichkeiten zur Befriedung der Region zu erörtern. Padrino López bekräftigte die Bereitschaft seines Landes, mit Kolumbien zusammenzuarbeiten, und schlug ein abgestimmtes Vorgehen zur Festigung des Friedens im Nachbarland vor. Laut Verteidigungsministerium wurden venezolanische Streitkräfte entlang der Grenze stationiert, um »Operationen bewaffneter Gruppen jeglicher Art« zu verhindern. Das Ministerium versicherte zudem, dass Caracas den vor den Unruhen nach Venezuela geflohenen Bürgern humanitäre Hilfe leisten werde.
Petro macht vor allem die ELN für die Gewalt verantwortlich. In der vergangenen Woche reaktivierte er Haftbefehle gegen 31 ihrer Kommandanten, die zuvor ausgesetzt worden waren. Der derzeitige Aufenthaltsort von Mitgliedern der ELN-Delegation für die mittlerweile abgebrochenen Friedensgespräche ist unbekannt. Nachdem einige von ihnen vor Monaten mit Genehmigung der kolumbianischen Regierung zu den Verhandlungen nach Havanna gereist waren, hatten die USA behauptet, dass Kuba den Terrorismus fördere. Tatsächlich habe der »einzige und ausschließliche Zweck« ihres Aufenthalts darin bestanden, »über den Frieden in Kolumbien zu verhandeln«, so die Zeitung Granma am Freitag. Kein einziges ELN-Mitglied befinde sich derzeit in Kuba, erklärte der für Lateinamerika und die Karibik zuständige Generaldirektor im Außenministerium, Eugenio Martínez Enríquez.
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