Megapartner Modi
Von Thomas Berger![7.JPG](/img/450/205508.jpg)
Der frühzeitige Termin ist zweifellos eine Respektbezeugung gegenüber dem Mann an der Spitze des bevölkerungsreichsten Landes der Erde gewesen: Indiens Premierminister Narendra Modi war erst der vierte Staatsgast, den US-Präsident Donald Trump seit seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus empfangen hat. Der Vorliebe beider für Superlative gemäß sprach Modi auf der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag (Ortszeit) denn auch von einer »Megapartnerschaft«, auf die man künftig zielen werde. Dass Modi und Trump persönlich gut miteinander können, hatten sie schon in der ersten Amtszeit des US-Republikaners verschiedentlich gezeigt. Auch beim jetzigen Gespräch stimmte die Chemie. Dass der Austausch scheinbar in gelöster Stimmung stattfand, wie im Anschluss nach außen drang, lag zudem aber daran, dass das Duo einige heikle Themen bewusst umschifft oder bestenfalls am Rande angesprochen hat.
Dass es im indisch-US-amerikanischen Verhältnis an mehreren Stellen hakt, ließ sich aber bei dem Pressetermin nicht kaschieren. Vordergründiges Thema war auch dabei der Zollstreit: Dem dezidiert auf die Interessen der einheimischen Industrie fixierten Trump ist die Schräglage im bilateralen Handel ein Dorn im Auge. Dessen Volumen belief sich zuletzt auf stolze 129,2 Milliarden US-Dollar, ein weiteres Rekordergebnis. Während Indien aber 2024 Waren und Dienstleistungen im Umfang von 87,4 Milliarden Dollar (ein Plus von 4,5 Prozent) an seinen größten Handelspartner USA lieferte, war die Summe in Gegenrichtung nicht einmal halb so hoch – wobei Indien als Exportdestination für US-Firmen nur an zehnter Stelle steht. Auch gegenüber Neu-Delhi hatte Trump deshalb schon mit der Keule »Strafzölle« gewunken – es war Modis erklärte Absicht, im persönlichen Austausch diese Gefahr vorerst abzuwenden. Zwar ist Indien einer der größten Abnehmer von Öl und Erdgas aus Russland. Mit Modis Zusage jedoch, beides deutlich mehr als bisher auch in den USA einzukaufen und so das Missverhältnis in der Bilanz etwas zu verringern, könnte Trump für den Moment von einem Handelskrieg auch mit der wichtigen südasiatischen Regionalmacht absehen.
Zumal die US-Regierung darauf baut, dass Indien auch bei Waffenkäufen nun eher auf US-Angebote zugreift, statt traditionsbedingt in größerem Umfang auf russische Systeme zu setzen. Sinnbildlich war dieses Wettrennen um neue Verträge gerade diese Woche auf der alle zwei Jahre stattfindenden Rüstungsmesse »Aero India« in Bengaluru zu sehen, wo erstmals eine russische Suchoi Su-57 und eine F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin nebeneinander standen. Am Ende ihres vierstündigen Treffens, von dem Modi auf seinem X-Account Bilder unter anderem einer innigen Umarmung teilte, verkündeten die beiden ein neues, auf zehn Jahre angelegtes Rahmenabkommen im Rüstungssektor. Auch wenn die Su-57 etwa durch einen versprochenen Technologietransfer Vorteile bietet: Trump bot ausdrücklich an, F-35 zu liefern, und jubelte schon über »Milliarden von Dollar«, die mit neuen indischen Waffendeals in die USA fließen würden. Im Gegenzug könnte wohl vor allem Indiens Pharmabranche, die in Riesenumfang Generika in die USA liefert, bei neuen Zöllen ungeschoren davonkommen.
Ausgeklammert waren bei dem Gespräch Rückschritte bei den Menschenrechten in Indien unter Modi und seiner regierenden hindu-nationalistischen Indischen Volkspartei (BJP). Nahezu zur gleichen Zeit, als er seinen »Freund« Donald Trump wiedertraf, hatte in Delhi Staatspräsidentin Draupadi Murmu (ebenfalls BJP) »President’s rule«, also Zwangsverwaltung durch das Zentrum, über den nordöstlichen Unionsstaat Manipur verhängt. Dort war 2023 ein Konflikt zwischen den beiden wichtigsten Bevölkerungsgruppen Meitei und Kuki eskaliert, seither sind viele Menschen aus Angst vor Gewalt aus ihren Heimatorten geflohen. Manipurs Chefminister Biren Singh (auch BJP) hatte die Pogromstimmung offensichtlich bewusst angeheizt, wie eine Analyse geleakter Audiomitschnitte Singhs von Anfang Februar laut The Hindu »zu 99 Prozent« belegt. Modi schwieg zu der Krise explizit, wie nicht nur die Opposition im Parlament wiederholt kritisierte.
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