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Aus: Ausgabe vom 22.02.2025, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Trumps Vernunft und Baerbocks Wahn

Von Arnold Schölzel
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Jörg Baberowski ist seit 2002 Professor für die Geschichte Osteuropas an der Berliner Humboldt-Universität, schrieb mehrere antikommunistische Publikationen über die UdSSR, wurde von Studenten des öfteren als rechtsradikal bezeichnet und äußert sich vor allem seit 2022 zum Ukraine-Krieg anders als der bundesdeutsche Mainstream: als Pragmatiker aus konservativer Perspektive.

Am Donnerstag veröffentlichte Springers Welt ein Interview mit ihm unter der Schlagzeile: »Trumps Initiative ist vernünftig«. Er erläutert: »Was daraus wird, wissen wir nicht. Aber ich begrüße, dass einer, der auch kann, was er will, die Initiative ergreift, diesen schrecklichen Krieg zu beenden. Denn es ist offenkundig geworden, dass Russland zwar nicht gewinnen, aber auch nicht verlieren wird, jeder weitere Tote einer zuviel ist.« Der Aussage, »ohne Russland wird es keine dauerhafte Friedensordnung geben«, die gemeinhin hierzulande von CDU/CSU bis Die Linke zur Bezeichnung »Putin-Agent« oder »Kremlpartei« führt, lässt er folgen: »Deshalb muss sie so beschaffen sein, dass Russland das Interesse an Expansion verliert. Der Einsatz von Waffen allein wird dieses Werk nicht vollbringen, denn Russland wird sich nur von innen verändern können.« Ohne die Beendigung des Krieges werde das nicht möglich sein. Gelinge es Trump, »ihn wenigstens einzufrieren, dann hätte die Diplomatie wieder eine Chance«.

Bei einer Niederlage werde Russland nicht verschwinden, »mit einem Akt der Revanche wäre täglich zu rechnen«. Diese Realität sollten Politiker zur Kenntnis nehmen. Baberowski setzt dem so ausgesprochenen staatsbürgerlichen Zweifel hinzu: »Bisweilen ist auch zu hören, dass es darum gehe, Europas Demokratien vor russischer Expansion zu schützen. Aber welches Interesse könnte Putin daran haben, Deutschland anzugreifen? Davon abgesehen, hat sich die russische Armee als Papiertiger erwiesen. Sie wäre einem Krieg gegen die NATO überhaupt nicht gewachsen.«

Da beharrt der offenbar irritierte Welt-Interviewer darauf, dass es doch nicht abwegig sei, wenn sich die baltischen Republiken und Polen als potentielle »Opfer des russischen Expansionismus« betrachten. Baberowski: »Nichts hält sich hartnäckiger am Leben als der Glaube«, dass Politiker Entscheidungen »aus Überzeugungen schöpfen. Das trifft nicht einmal für die Bundesregierung zu. Politik ist ein pragmatisches Geschäft von Möglichkeiten.« Putin glaube an gar nichts und auch bei seinem Rückgriff auf russische Geschichte gehe es »nur darum, zu rechtfertigen, was man tut«.

Werde Russland jemals wieder für den Westen ein Partner sein? Antwort: Zur Wahrheit gehöre, »dass Europa an Bedeutung und Einfluss verloren hat. Die Hegemonie des Westens ist Geschichte, die USA orientieren sich neu. Putin weiß, dass er zwar Trump, nicht aber die Europäer ernst nehmen muss.« Andere Staaten wie China, Indien, Indonesien, Brasilien spielten eine bedeutende Rolle, »Putins Reich wird Juniorpartner dieser Staaten sein«. Im übrigen werde man sich nach Kriegsende »hoffentlich nicht nur in Russland, sondern auch im Westen Europas und in den USA die Frage stellen, warum dieser Krieg nicht eher beendet werden konnte, und hoffentlich auch eine selbstkritische Antwort finden«.

Noch am Erscheinungstag des Interviews kommt in der »Schlussrunde« von ARD und ZDF ein Nein dazu von Annalena Baerbock: Wenn Russland in der Ukraine nichts entgegengesetzt werde, »dann kommt Polen und dann kommt Ostdeutschland, zum Beispiel Brandenburg«. Es dauert noch, bis die gefährliche deutsche Kriegsmanie an Bedeutung und Einfluss verliert. Fest steht allein, dass sie an diesem Sonntag nicht abgewählt wird.

Zur Wahrheit gehöre, »dass Europa an Bedeutung und Einfluss verloren hat. Die Hegemonie des Westens ist Geschichte, die USA orientieren sich neu. Putin weiß, dass er zwar Trump, nicht aber die Europäer ernst nehmen muss.«

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