Nachschlag: Biedere Kost
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Geizig waren die Protestanten ausnahmsweise nicht. 31 Millionen US-Dollar butterten evangelische Organisationen aus Deutschland und den USA 2003 in die Verfilmung des Lebens von Martin Luther. Ebenso freizügig wird darin mit historischen Fakten umgegangen (die Begegnung Luthers mit Kurfürst Friedrich dem Weisen ist ganz erfunden), doch sei’s drum. Schlimmer ist die Besetzung: Uwe Ochsenknecht etwa hat zwar die Statur, aber nicht das Format, um den Renaissancepapst Leo X. passend zu mimen. Treffend ist immerhin Luther besetzt. Joseph Fiennes spielt gut – und dennoch einseitig. Nur ein paar Filmminuten braucht es, um aus dem zweifelnden Mönch einen selbstbewussten Reformator zu machen, der pathetisch dem Klerus die Stirn bietet. Das Tiefgründige, das »erhaben Bornierte und unbezwingbar Dämonische« (Heine) von Luthers Charakter kommt nicht zur Geltung. Überhaupt hat der Film etwas Biederes, Protestantisches: Alles zielt auf Gewissenskonflikte ab. Vielleicht hätte man die Verfilmung Katholiken überlassen sollen. (mp)
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