Israel schafft Fakten
Von Jakob Reimann
Vermummte israelische Faschisten attackieren mit Knüppeln eine palästinensische Gemeinschaft in Masafer Yatta, südlich von Hebron im besetzten Westjordanland. Sie dringen in Häuser ein und rufen »Ramadan Kareem«, den Glückwunsch zum islamischen Fastenmonat. Auch israelische Soldaten belästigen und bedrohen die Dorfbewohner, wie auf einem von Al-Dschasira am Dienstag veröffentlichten Videos zu sehen ist. Amnesty International warnte bereits vergangene Woche, dass die Gemeinde Shi’b Al-Butum in Masafer Yatta »akut von einer Zwangsvertreibung« bedroht sei. Die rund 300 Einwohner von Shi’b Al-Butum seien zunehmend staatlich unterstützten Angriffen radikaler Siedler und Hauszerstörungen ausgesetzt.
Auch im Norden des besetzten Westjordanlandes setzen die israelischen Truppen ihre Angriffe fort. Die »Aggression« gegen Dschenin läuft seit 43 Tagen, meldete die Agentur WAFA am Dienstag. Mittlerweile ist sie auf das östliche Viertel der Stadt ausgeweitet worden. Dort umstellten Spezialkräfte am Dienstag morgen ein Wohnhaus und schossen nach der Stürmung auf den 23jährigen Dschihad Alawneh. Da die Israelis seinen Abtransport verhindert hätten, sei Alawneh verblutet – der Rote Halbmond konnte nur noch seine Leiche bergen. Darüber hinaus zerstörten die Besatzungstruppen mit Bulldozern erneut mehrere Straßen und forderten die Bewohner auf, ihre Gebäude zu räumen. Auch die Belagerung von Tulkarem und des Nur-Shams-Geflüchtetenlagers dauert seit über fünf Wochen an. Die Streitkräfte haben das Areal vollständig abgeriegelt, verstärken ihre militärische Präsenz und setzen Infanterieeinheiten in den Straßen ein. Palästinensische Quellen berichten am Dienstag von nächtlichen Überfällen und Vertreibungen der Bewohner.
Die Truppen haben im Lager Hunderte Gebäude zum Einsturz gebracht oder in Brand gesetzt und die Infrastruktur wie Strom-, Wasser-, und Kommunikationsnetze zu einem Großteil zerstört. Im Lager kursierten mittlerweile Karten mit vielen weiteren Häusern, die Israel zum Abriss freigegeben habe, berichtete AP. Der Rote Halbmond wird daran gehindert, Hilfe zu leisten oder Kranke zu evakuieren. Bei der Belagerung von Dschenin und Tulkarem wurden in den vergangenen Wochen mindestens 41 Palästinenser getötet, darunter eine Hochschwangere. Bereits Ende Februar prahlte der israelische Kriegsminister Israel Katz in einer schriftlichen Stellungnahme, die drei größeren Lager für Geflüchtete in der Region in Dschenin, Tulkarem und Nur Shams würden mittlerweile »leer stehen«, hieß es bei Times of Israel. Er wies die IDF an, »sich auf einen langen Aufenthalt in den geräumten Lagern vorzubereiten« und den etwa 40.000 Vertriebenen die Rückkehr zu versagen. Seit dem Sechstagekrieg von 1967 habe es im Westjordanland noch nie so viele gewaltsame Vertreibungen gegeben wie jetzt, so der für das Gebiet zuständige UNRWA-Vertreter Roland Friedrich laut AP.
Israel werde in den kommenden Monaten mit dem Bau einer Sperranlage entlang der gesamten Grenze zu Jordanien beginnen, kündigte Verteidigungsminister Israel Katz laut Jerusalem Post am Montag bei einem Besuch im besetzten Jordantal an. Die Anlage soll 5,2 Milliarden Schekel (rund 1,4 Milliarden Euro) kosten und vom südlichen Golan am Westjordanland entlang bis nach Eilat am Golf von Akaba reichen. Im Umfeld der Anlage würden neue Siedlungen und Militärposten errichtet. Katz räumt der illegalen Besiedlung des Westjordanlands nicht nur eine ideologische Bedeutung ein, sondern hebt auch explizit deren militärische Funktion im siedlerkolonialistischen Staat hervor. »Die Siedlungen in Judäa und Samaria sind der Schutzschild für alle israelischen Bevölkerungszentren«, erklärte er laut Jerusalem Post auf einer Konferenz ultrarechter Siedler in Jerusalem vergangene Woche. Die Besiedlung sei »Israels kugelsichere Weste«, sagte dort auch der faschistische Siedlerführer Yossi Dagan. An allen Ecken und Enden der besetzten Gebiete erhöht Israel den Druck und eskaliert die Gewalt gegen Palästinenser. Die palästinensische Analystin Diana Buttu spricht zutreffend von der »Gazafizierung des Westjordanlandes«.
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