Eigenlob stinkt
Von Mawuena Martens
Manche Menschen bleiben sich einfach treu: In seiner ersten längeren Rede vor dem US-Kongress hat sich der neue alte Präsident Donald Trump am Dienstag wieder einmal gewohnt selbstverliebt auf die eigene Schulter geklopft. Zumindest verbal. In der feilgebotenen Selbstbeweihräucherung ging es in großen Teilen um innenpolitische Themen.
Vor sechs Wochen habe er die »tollsten«, »erfolgreichsten«, kurz »goldenen« Zeiten für die Vereinigten Staaten eingeläutet. In 43 Tagen habe seine Regierung mehr erreicht als viele Regierungen in vier oder acht Jahren. Und überhaupt sei seine Präsidentschaft die erfolgreichste in der Geschichte der Nation – erst an zweiter Stelle komme so jemand wie George Washington. Für diejenigen, die sich nicht besonders für die Geschichte und Kultur des internationalen Hegemons interessieren: George Washington wird dort als einer der »Gründerväter« der Nation und Held gefeiert. Wenig überraschend landete Amtsvorgänger Joe Biden in Trumps Klassifizierung als »schlimmster Präsident« in der US-Geschichte auf dem letzten Platz.
In der langen Auflistung des bereits Erreichten zählte das Staatsoberhaupt den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem »antiamerikanischen« UN-Menschenrechtsrat auf. Auch habe er die »Tyrannei der Diversität«, alle Umweltauflagen aus der Regierung Biden sowie die Zensur und Beschränkungen der Meinungsfreiheit gestoppt. Hier sei angemerkt: Kurz zuvor war ein Abgeordneter der Demokraten, Al Green, nach Zwischenrufen kurzerhand des Saals verwiesen worden.
Um seine »Erfolge« zu unterstreichen, waren eine Reihe »normaler Bürger« anwesend, die entweder stellvertretend als »Geschädigte« der Politik der Vorgängerregierung auftraten oder bisherige Erfolge Donald Trumps herausstreichen sollten. Für die Fentanylkrise in den USA machte dieser Mexiko sowie Kanada verantwortlich und lobte die Arbeit gegen Bürokratie und zu viel Regulierung. Nicht fehlen durfte natürlich auch eines seiner Lieblingsthemen: Zölle. Die Abgaben auf Einfuhren aus Drittländern seien von anderen Ländern in der Vergangenheit gegen die USA angewendet worden. Nun würde sein Land »zurückschlagen«, so Trumps Darstellung.
Als nächste Schritte seiner Regierung kündigte Trump weitreichende Steuersenkungen, die Einrichtung eines neuen Ministeriums für Schiffsbau, die Anschaffung eines an Israels »Iron Dome« orientierten Raketenabwehrschirms oder auch den Bau einer »gigantischen« Gaspipeline von Alaska nach Ostasien an. Auch erneuerte er seine Ansprüche auf den Panamakanal und Grönland. Den Einverleibungswünschen erteilte der Ministerpräsident der autonomen dänischen Region, Múte Egede, am Mittwoch prompt eine Absage: »Wir wollen weder Amerikaner noch Dänen sein, wir sind Kalaallit«. Man sei auch nicht käuflich, so Egede.
Einen großen Teil der Rede verschwendete der US-Präsident darauf, gegen Migranten als »Kriminelle«, »Mörder« und »Menschenschmuggler« zu wettern. Erst gegen Ende kam er dann auf außenpolitische Themen zu sprechen, die vor allem in Europa für Aufsehen sorgten. Der Grund: Trump zitierte aus einem Brief, den er vor kurzem vom ukrainischen Präsidenten erhalten habe. Wolodimir Selenskij habe darin geschrieben, dass er bereit zu Friedensverhandlungen ebenso wie zur Unterzeichnung des Rohstoffabkommens sei. Die genaue Wortwahl zitierte Trump so: »Mein Team und ich sind bereit, unter der Führung des starken Präsidenten Trump einen langfristigen Frieden zu erarbeiten.« Den europäischen Staaten warf der US-Amerikaner vor, nicht genügend getan zu haben, um den Krieg zu beenden – schließlich hätten die Europäer mehr Geld zum Kauf russischen Gases und Öls aufgewendet als für die Ukraine.
Aus Russland kamen am Mittwoch bereits verhalten zustimmende Reaktionen auf die ukrainische Bereitschaft zu Verhandlungen: Dies sei positiv zu bewerten, so Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Allerdings sei unklar, wie diese funktionieren sollten, schließlich gebe es in der Ukraine ein gesetzliches Verbot für Verhandlungen mit Russland.
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