Ofenfrisches aus der Backstube
Von Oliver Rast
Ein guter Tagesauftakt, der morgendliche Besuch in der Backstube. Zarte Duftwölkchen ziehen über Auslagen und Theke in den Verkaufsraum. Der feine Geruch ofenfrischer Brötchen, würziger Vollkornbrote samt Aromen gemahlener Kaffeebohnen. Doch wie geht es der Branche, wie sieht der Strukturwandel im Bäckerhandwerk aus?
Dazu gibt es Zahlen, Statistiken und Ergebnisse. Im ersten »Bäckerei-Monitor«, den die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) am Montag in Berlin vorstellte. Die Kernaussage: Der Gesamtumsatz der Branche mit seinen rund 282.000 Beschäftigten ist gestiegen, auf 21,8 Milliarden Euro im Jahr 2023. Großfilialisten und Brotindustrie dominieren das Bäckerhandwerk, während die Zahl der Betriebe in den vergangenen zehn Jahren um 30 Prozent abgenommen hat. Mit der Folge, dass seit 2014 in summa 20.000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind. »Gleichzeitig stieg der Anteil an Teilzeitkräften unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen in der Branche von 30 auf 39 Prozent«, so die NGG in ihrer Mitteilung vom Montag.
Richtig ist aber auch: Seit 2022 stabilisiert sich der »Markt«. Bis 2024 waren etwa 2.000 Kollegen mehr in Backstuben und Filialen beschäftigt. Jedoch sei die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs seit 2022 weiter rückläufig (minus 6.500), beklagte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler bei der Präsentation des Monitors. Und: Das Wachstum sei allein auf die Zunahme von Minijobs zurückzuführen (plus 8.500). Zeitler: »Diese Entwicklung zeigt eine Verschiebung hin zu weniger stabilen und tendenziell schlechter abgesicherten Arbeitsverhältnissen.« Ein schlechter Trend. Die Unternehmerseite sei gefordert, müsse »zukunftsfähige Jobs mit Tarifbindung und guten Arbeitsbedingungen anbieten«.
Was sagen Branchenvertreter? Zunächst das: Ein Abgang aus der Statistik sei nicht gleichzusetzen mit einer Insolvenz, betonte Friedemann Berg am Montag gegenüber jW. Und ein Rückgang der Betriebe bedeute auch nicht, »dass es weniger Verkaufsstellen gibt«, bemerkte der Hauptgeschäftsführer vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. Vielmehr sei es so, dass etwa Betriebsinhaber, die in den Ruhestand gingen, keinen Nachfolger fänden und kleine Betriebe häufig in größere Handwerksbetriebe integriert würden. Kurzum, jährlich würden zwei bis drei Prozent der Handwerksbäcker ihr Geschäft schließen. »Aber wir haben jährlich auch rund 400 Neugründungen«, betonte Berg.
Ein Lichtblick: Mehr junge Leute wollen den Bäckerberuf erlernen, circa elf Prozent mehr Auszubildende in den Bäckereien 2024. Der Zuwachs an Fachverkäufern betrug sogar 22,5 Prozent. Und auch der Anteil von Migranten wächst, weiß die NGG. Berg bestätigt das – und ergänzt: Zahlreiche neue Azubis kämen aus Vietnam, »und die Rückmeldungen aus den Betrieben sind durchweg positiv.«
Dennoch, Gewerkschafter organisieren aktuell die bundesweite Kampagne »Backen wir’s«. Für stärkere Belegschaften. Nicht nur das: Der Branchenanalyse im Backgewerbe wird laut NGG ein Gesamtstudienbericht folgen, im Sommer dieses Jahres. Auch als Beitrag, den lokalen Backhandwerker mit seinen ofenfrischen Waren zu unterstützen.
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