Erzwungener Abschied in Bukarest
Von Fabio Nacci
Die Rede von J. D. Vance auf der Münchner »Sicherheitskonferenz« sorgt auch in Rumänien weiter für Aufsehen. Der US-amerikanische Vizepräsident hatte dort am Freitag unter anderem in bezug auf antidemokratische Tendenzen, die er in Europa ausmacht, gesagt: »Die Situation ist so schlimm geworden, dass Rumänien im vergangenen Dezember kurzerhand die Ergebnisse einer Präsidentschaftswahl annullierte – basierend auf unbegründeten Verdachtsmomenten eines Geheimdienstes und unter dem enormen Druck seitens der kontinentalen Nachbarn.«
Während Interimspräsident Ilie Bolojan und Außenminister Emil Hurezeanu daraufhin versicherten, ihr Land bliebe auf NATO-Linie und würde sich weiter gegen »ausländische Einmischung« bei den Wahlen wehren, sah sich die liberale Oppositionspolitikerin Elena Lasconi (USR) durch Vances Aussagen in ihrer Kritik an der Annullierung bestätigt. »Es ist wichtig, dass wir erfahren, warum die Wahlen abgesagt wurden«, so die Präsidentschaftskandidatin. Auch der rechte Kandidat für das oberste Staatsamt, Călin Georgescu, der angetreten als Unabhängiger im ersten Wahlgang im November überraschend die meisten Stimmen erhalten hatte, interpretierte die Rede als Anerkennung der demokratischen Missstände in Rumänien und Europa.
Zwei Tage vor der Rede des US-Amerikaners war bereits Präsident Klaus Johannis zurückgetreten. Er hatte eigentlich bis zu den nun für Mai angesetzten Wahlen weiter im Amt bleiben wollen, doch nach einer Initiative zum Amtsenthebungsverfahren im Parlament und nachdem ihm selbst seine eigene Partei, die regierende Nationalliberale Partei (PNL), sowie der sozialdemokratische Koalitionspartner PSD den Rücktritt nahegelegt hatten, gab er am vergangenen Montag nach, »um Rumänien und den rumänischen Bürgern eine Krise zu ersparen«.
Der Proatlantiker und ehemalige Kandidat für den Generalsekretärsposten der NATO war politisch zunehmend isoliert. Und dies besonders, nachdem er die Präsidentschaftswahlen vom November aufgrund einer dubiosen Entscheidung des Verfassungsgerichts annullieren ließ. Dieses hatte überraschend eine vorherige Entscheidung revidiert und kurz vor Stattfinden der Stichwahlen Russland beschuldigt, angebliche Wahlbeeinflussung betrieben zu haben, die den NATO-kritischen Kandidaten Georgescu begünstigt habe. Dabei stellte sich später heraus, dass die Tik-Tok-Werbekampagne für Georgescu wohl nicht von russischen Agenturen, sondern von der Kampagne »Gleichgewicht und Aufrichtigkeit« finanziert wurde – einer Initiative der Nationalliberalen Partei von Johannis. Selbst unter proeuropäischen Kräften der Opposition sorgte das für erheblichen Unmut. Und: Thierry Breton, ehemaliger EU-Kommissar, bestätigte im Januar, dass die EU-Kommission die Wahlannullierung zumindest gutheißt.
Die Initiative zur Durchführung eines Volksreferendums und zur Suspendierung des Präsidenten unterstützten nicht nur die rechten, Georgescu verbundenen Parteien Alianța pentru Unirea Românilor (AUR), Pentru Oameni și Țară (POT) und SOS România, sondern auch Teile der liberalen Partei Lasconis, der Uniunea Salvați România (USR). Sie hätte in der Stichwahl gegen Georgescu antreten sollen.
Ob der Machtwechsel in Washington die Entscheidung zum Rücktritt von Johannis begünstigt haben könnte, sei dahingestellt. Die Rechte um Georgescu sieht sich nun auf jeden Fall gestärkt. Der Vorsitzende der AUR, George Simion, ließ sich am Freitag zu einer begeisterten Aussage hinreißen: »Wir begrüßen die Vision der Trump-Administration von einer freien Welt, in der Redefreiheit herrscht, Zensur abgeschafft wird und wir zu gesundem Menschenverstand und Normalität zurückkehren – Werte, die in den letzten zehn bis 15 Jahren ausgehöhlt wurden.«
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