Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 12.03.2025, Seite 11 / Feuilleton
Comic

Goscinnys Lieblingssünde

Für jeden ausgelassenen Kalauer werden wir zur Rechenschaft gezogen werden: »Isnogud« in einer Prachtausgabe
Von Marc Hieronimus
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Da wird doch nicht jemand Kalif anstelle des Kalifen werden wollen?

Schon als kleiner Junge im argentinischen Exil sagte René Goscinny zu seinem Vater: »Ich möchte einen lustigen Beruf haben.« Der Vater: »Das ist sehr vernünftig.« Goscinny war ein fleißiger und sehr belesener Witzbold und stach bereits zu Schulzeiten mit seinen Zeichnungen und Geschichten hervor. Ein Foto von Ende der 1940er Jahre zeigt ihn mit seinen Freunden Harvey Kurtzman und John Severin in New York, die kurz nach seiner endgültigen Rückkehr nach Paris das epochale MAD-Magazin gründeten.

Im Big Apple lernte er unter anderem auch Morris kennen, für dessen »Lucky Luke« er später die »Drehbücher« schreibt, also die Szenarien mit detaillierten Bildbeschreibungen und allen Sprechblaseninhalten. Unter seiner Leitung wird der Westerncomic vielschichtiger, lustiger und zum Verkaufsschlager. Zu dieser Zeit gibt es den Beruf des Szenaristen noch gar nicht, Goscinny muss darum kämpfen, überhaupt bezahlt zu werden. Er nimmt es wie alles mit Humor: »Wer sich nur selbst zum Lachen bringt, ist entweder ein Idiot oder seiner Zeit voraus. Wer eine kleine Gruppe von Leuten zum Lachen bringt, den lädt man gern ein. Wer das Glück hat, viele Leute zum Lachen zu bringen, ist ein Profi – und gibt es einen schöneren Beruf als diesen?« Bald arbeiten die größten jungen Talente mit ihm zusammen. Mit Sempé erschafft er »Der kleine Nick«, mit Albert Uderzo erst Umpah-Pah, dann für die erste Ausgabe des Pilote-Magazins Asterix. Er wird dessen Mitherausgeber und entdeckt Talente wie Fred, Gotlieb, Druillet, Tardi, Bretécher, Solé, Bilal, Goetzinger … Man sollte ein Buch über Goscinny schreiben, wenn es nicht längst welche gäbe.

Der Carlsen-Verlag hat jetzt einen weiteren seiner Klassiker prachtvoll neu aufgelegt, den man wohl nicht weiter vorstellen muss: Die mit Jean Tabary geschaffenen Abenteuer des hinterhältigen Großwesirs Isnogud, der immer neue Listen ersinnt für seinen einzigen Lebensinhalt: »Ich will Kalif werden anstelle des Kalifen.« ­Goscinny: »Ich hatte beschlossen, darin meiner Lieblingssünde zu frönen, nämlich die fürchterlichsten Kalauer zu erfinden; ich liebe das!«

René Goscinny (Text)/Jean Tabary (Zeichnungen): Isnogud Collection. Die Goscinny- und Tabary-Jahre 1962–1978. Hamburg 2025, 280 Seiten, 40 Euro

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