Justiz stoppt Marine Le Pen
Von Hansgeorg Hermann
Ein Pariser Strafgerichtshof hat am Montag Marine Le Pens politische Karriere zumindest für die nächsten fünf Jahre beendet. Die Symbolfigur der französischen und europäischen extremen Rechten wurde für schuldig befunden, in den Jahren 2009 bis 2012 als EU-Abgeordnete mit der Bezahlung fiktiver Assistentenstellen aus der Brüsseler Kasse in Wirklichkeit ihre damals hochverschuldete Partei Front National (FN, seit 2018 Rassemblement National, RN) finanziert zu haben. Das Urteil könnte härter nicht ausfallen: Le Pen kassierte nicht nur vier Jahre Haft, von denen zwei zur Bewährung ausgesetzt wurden und die übrigen zwei durch das Tragen einer elektronischen Fußfessel abgegolten werden sollen, sondern auch eine Geldbuße in Höhe von 100.000 Euro. Bedeutender ist, dass sie für fünf Jahre ihr passives Wahlrecht verliert und 2027 wohl nicht wie geplant zum vierten Mal für die Präsidentschaft kandidieren kann. Ein Verdikt, gegen das Berufung eingelegt werden kann, aber den sofortigen Vollzug anordnet.
Die Staatsanwaltschaft hatte nach rund zehn Jahre dauernden Ermittlungen bereits im November fünf Jahre Haft und einen ebenso langen Verlust des passiven Wahlrechts gefordert. In der sich daran anschließenden öffentlichen Diskussion stellte sich in Frankreich die Frage, ob eine politische Anführerin wie Le Pen von einem Strafgericht einfach aus dem Verkehr gezogen werden könne. Die dreifache Präsidentschaftskandidatin ist die derzeitige Chefin der RN-Fraktion in der Nationalversammlung, die mehr als drei Millionen Stimmen erhalten hat und geschätzt über eine »stille« Anhängerschaft von mindestens elf Millionen Menschen verfügt. Im Rahmen dieser Debatte hatten unter anderen Justizminister Gérald Darmanin und Innenminister Bruno Retailleau Bedenken ausgesprochen.
Mit Le Pen wurden acht weitere EU-Abgeordnete des RN schuldig gesprochen, sowie zwölf parlamentarische Assistenten. Le Pen als Präsidentschaftskandidat nachfolgen wird der erst 29 Jahre alte Parteivorsitzende Jordan Bardella. Er bezeichnete das Urteil als »Exekution der französischen Demokratie«.
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Leserbrief von Wilfried Schubert aus Güstrow (2. April 2025 um 10:48 Uhr)In Frankreich wurde Marine Le Pen wegen Veruntreuung schuldig gesprochen und für nicht wählbar erklärt. Am 17. Juli vergangenen Jahres hat der EuGH die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen wegen Korruption bei der Impfstoffbeschaffung verurteilt, zurück getreten ist sie nicht.
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Leserbrief von Ingolf Tabbert aus Berlin (1. April 2025 um 00:08 Uhr)Ich bin kein politischer Freund von Marine Le Pen. Ich halte die Anklagen für recht konstruiert und die Verurteilung kommt genau zur rechten Zeit, um Macrons größte Konkurrentin aus dem Weg zu räumen. Es erinnert doch sehr an türkische Verhältnisse. Konkurrenten um Präsidentschaften mit willfährigen Gerichten mundtot zu machen, ist gerade sehr on woke. Auch die deutsche Justiz verhängt Urteile im Sinne von Regierungsgesetzen, die das Grundgesetz zumindest einschränken. Macron hat sich schon mehrmals nicht um die Demokratie geschert, siehe seinen Alleingang beim Rentengesetz. Außerdem ist er einer der größten verbalen Kriegstreiber im Ukraine-Krieg. Ich möchte mal sehen, wenn er das nächste Mal linke Konkurrenten wie Mélenchon oder andere auf die gleiche Weise aus dem Weg räumt, wie dann der Herr Herrmann reagiert. Ob er dann auch so jubelt?
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