NATO im Ultimatumsmodus
Von Reinhard Lauterbach
Bei ihrem Treffen in Brüssel haben die Außenminister der NATO-Staaten Russland am Freitag aufgefordert, zeitnah auf die Forderungen der USA nach einer Waffenruhe einzugehen. Der US-Chefdiplomat Marco Rubio sagte, seine Regierung werde nicht ewig auf eine russische Antwort warten. Wenn Russland auf Zeit spielen wolle, werde es die Konsequenzen zu spüren bekommen. Die Minister aus Kanada und Estland verlangten, der Regierung in Moskau ein konkretes Ultimatum für eine Waffenruhe zu setzen.
In Washington hält sich unterdessen der russische Sondergesandte Dmitri Kirillow zu Gesprächen mit der US-Administration auf. In einem Interview mit dem Trump-nahen Fernsehsender Fox News sagte er, die Trump-Mannschaft habe den dritten Weltkrieg verhindert und viele konstruktive Vorschläge gemacht. Kirillow ist kein Karrierediplomat, sondern eigentlich der in Moskau für ausländische Direktinvestitionen Verantwortliche. Er deutete in dem Interview auch an, dass Russland offen sei für gemeinsame Projekte mit den USA bei der Erschließung arktischer Rohstoffvorkommen und dass an der Wiederherstellung direkter Flugverbindungen und kultureller Kontakte »intensiv gearbeitet« werde.
Unterdessen hat das US-Militär offiziell bestätigt, dass die Ukraine im südlich an das Kursker Gebiet anschließenden russischen Bezirk Belgorod ebenfalls die Grenze überschritten und kleinere Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht habe. Der Europa-Befehlshaber der US-Armee, General Christopher Cavoli, sagte, die Ukraine habe einen »kleinen, aber bedeutsamen« Teil des russischen Gebiets erobert. Er sei sicher, dass der Krieg nicht mit der Niederlage einer der beiden Seiten enden werde. Der Aussage Cavolis zur Lage im Kursker Gebiet widersprachen Kiewer Angaben darüber, dass die Kämpfe sich dort inzwischen auf der ukrainischen Seite der Grenze abspielten.
Russland setzte unterdessen seine Drohnenangriffe auf Städte fort. Bei einem Angriff auf Charkiw in der Nacht zum Freitag kamen nach Angaben der ukrainischen Polizei fünf Menschen ums Leben und 52 wurden verletzt. Kiew beschoss seinerseits Ziele in den russischen Gebieten Lipezk und Moskauer Umland. Hier soll es nach russischen Angaben keine Verluste und nur geringe Sachschäden gegeben haben.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (6. April 2025 um 16:40 Uhr)Was soll ein Waffenstillstand ohne Friedenslösung?! Er würde nur Aufrüstung für erneute militärische Abenteuer begünstigen, wie die schlechten Erfahrungen mit Minsk 2 beweisen. Rubio sagte zum US-amerikanischen Wunsch nach einer Waffenruhe in der Ukraine: »Wir werden schon bald wissen, in wenigen Wochen, nicht in Monaten, ob es Russland mit dem Frieden ernst meint oder nicht. Ich hoffe, dass sie es tun. Es wäre gut für die Welt.« Bei diesen Worten musste ich an Poroschenkos Ankündigung von Mai 2014 denken, der befohlene ukrainische Angriff auf die Donbassrepubliken würde innert Stunden, nicht aber erst in Monaten erfolgreich sein. Der Erfolg hat sich bekanntlich nicht eingestellt. Nicht Russland spielt auf Zeit, sondern die Ukraine hat auf Zeit gespielt und die Umsetzung der Minsker Abkommen zugunsten militärischer Aufrüstung torpediert. Russland besteht dementgegen auf einer Lösung der Grundprobleme. Da ist die Russophobie der Ukrainer, und da ist die Verbindung des Russlandhasses mit militärischer Potenz, die erst die antirussische Einstellung zu einer Gefahr für Russland werden lässt. In den baltischen Republiken lässt Russland die Diskriminierung der Russen ja trotz aller Kritik am Ende geschehen, von dort geht keine militärische Gefahr aus. Bei der Ukraine ist das anders. Für Russland ist darum kaum etwas anderes als ein weitgehend entmilitarisierter und neutraler Status der Ukraine akzeptabel. Den Palästinensern mutet man seit Jahrzehnten die Forderung nach einem entmilitarisierten Status Palästinas zu, und auch den Donbassrepubliken will man keine eigene Militärmacht zugestehen, was hier wie da kaum mehr als einen Diktatfrieden ermöglicht. Warum soll für die Ukraine falsch sein, was für Donbass und Palästina vorgeblich richtig ist?! Nach elf Jahren Krieg in der Ukraine will Russland eine konsistente Friedenslösung und nicht nur eine erneute Vertagung der Probleme. An der für Frieden nötigen Gleichachtung für Russen und Ukrainer fehlt es im Westen, nicht im Osten.
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