Kriegsspiele werden größer
Von Rainer Werning
Seit Ostermontag führen Streitkräfte der Philippinen und der Vereinigten Staaten unter dem wohlklingenden Namen »Balikatan« (Schulter an Schulter) ihre jährlichen gemeinsamen Militärübungen durch. Bis zum 9. Mai dauern diese mittlerweile zum 40. Mal durchgeführten Manöver an. In diesem Jahr beinhalten sie einen umfassenden »Gefechtstest«, bei dem Szenarien zur Verteidigung der philippinischen Souveränität in der Luft, zu Lande, zur See, im Weltraum sowie im Cyberspace simuliert werden. An den dreiwöchigen Übungen werden etwa 5.000 philippinische Soldaten und 10.000 Angehörige des US-Militärs teilnehmen.
Wie bereits im vergangenen Jahr finden die diesjährigen Kriegsspiele zwischen philippinischen und US-Truppen zu einem Zeitpunkt statt, an dem die politischen Spannungen zwischen Manila und Beijing wegen militärischer Zwischenfälle im Südchinesischen Meer zunehmen. Die Volksrepublik China beansprucht das strategisch wichtige Gewässer, obwohl ein im Sommer 2016 gefälltes Urteil des Internationalen Schiedsgerichtshofes in Den Haag die weitreichenden Ansprüche des Landes auf der Basis »historischer Rechte« zurückgewiesen und für ungültig erklärt hatte. Washington hat Militärmanöver Chinas im Westphilippinischen Meer – dem Teil des Südchinesischen Meeres innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen – wiederholt als »aggressiv« verurteilt. Im Rahmen des gemeinsamen Verteidigungsabkommens aus dem Jahre 1951 sind die USA und die Philippinen verpflichtet, einander im Falle eines bewaffneten Angriffs zur Hilfe zu kommen.
Was vor 40 Jahren als vergleichsweise bescheidene bilaterale Trainingsaktivität begann, ist mittlerweile zu einem militärischen Großmanöver mit internationalem Zuschnitt geworden. So erklärte denn auch der philippinische Außenminister Enrique Manalo während der Eröffnungszeremonie von Balikatan, dass die Beteiligung anderer Länder an den gemeinsamen Übungen »breiteren regionalen Bestrebungen und Prioritäten« diene. Tatsächlich sind in diesem Jahr Militäreinheiten Japans und Australiens aktiv involviert. Darüber hinaus entsandten folgende Länder eigens Balikatan-Beobachter in die Philippinen: die Niederlande, die Tschechische Republik, Litauen, Polen, Brunei, Kanada, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Malaysia, Neuseeland, die Republik Korea, Singapur, Thailand, das Vereinigte Königreich sowie Vietnam.
Hinter der Rhetorik der routinemäßigen »Verteidigungszusammenarbeit« im Rahmen der Balikatan-Kriegsspiele verbirgt sich das vorrangige Ziel, die US-Dominanz in der Region durch verstärkte Militärpräsenz und die Vorverlegung von Kriegsmaterial zu gewährleisten. Ein Ziel, dass der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth anlässlich seiner Philippinen-Visite Ende März bekräftigte, als er auf einer Pressekonferenz mit seinem philippinischen Kollegen Gilbert Teodoro in Manila versicherte, die »eiserne Allianz zwischen den Vereinigten Staaten und den Philippinen« aufrechtzuerhalten.
Ebenfalls im März wurde bekanntgegeben, dass das in Hawaii stationierte 3rd Marine Littoral Regiment der USA während Balikatan 2025 erstmals eine sogenannte rotierende Kraft (Littoral Rotational Force-Luzon) in den Norden der Philippinen entsendet. Der Einsatz des Raketensystems »NMESIS« zur Abwehr von Schiffen in der Batanes-Inselkette stellt eine weitere Premiere dar: Es erweitere »die Fähigkeit der gemeinsamen Streitkräfte, sowohl vom Land als auch von der See aus zu zielen und anzugreifen«, hieß es in einer Mitteilung des Regiments. Darüberhinaus bietet »NMESIS«, das von zentraler Bedeutung für die Neuausrichtung der US-Marine auf Operationen im westlichen Pazifik ist, die Möglichkeit, den Zugang zu wichtigen Küstengebieten und strategischen Zielen zu verweigern. Dieses landgestützte, ferngesteuerte und hochmobile System kann Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 180 Kilometern abschießen und eignet sich daher für den Einsatz in umkämpften Seegebieten in Chinas Peripherie.
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