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Aus: Ausgabe vom 06.08.2024, Seite 6 / Ausland
Venezuela

Ölreserven im Blick

Venezuela: USA betreiben weiter Sturz der Regierung. Opposition will Ressourcen privatisieren
Von Volker Hermsdorf
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Werden in westlichen Medien ungern gezeigt: Unterstützer von Maduro (Caracas, 3.8.2024)

Nach den Präsidenten Brasiliens, Kolumbiens und Mexikos hat am Sonntag auch Papst Franziskus eine friedliche Lösung in Venezuela gefordert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche rief alle Parteien dazu auf, »die Wahrheit zu suchen, Mäßigung zu üben, jegliche Art von Gewalt zu vermeiden und Konflikte durch Dialog zu lösen«, teilte der Vatikan mit. Bei militanten Gegnern des amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro dürften derartige Appelle allerdings auf taube Ohren stoßen, und zwar unabhängig davon, ob und wann die Behörden sämtliche Wahlprotokolle veröffentlichen. Dafür sprechen nicht nur die Entdeckung umfangreicher Waffenlager, die die Polizei in den vergangenen Tagen ausgehoben hat, sondern auch jüngste Äußerungen von einflussreichen US-Politikern.

Eine parteiübergreifende Gruppe von rund 30 Kongressabgeordneten hat die US-Regierung in einer Resolution aufgefordert, »abschreckende Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Wille der Venezolaner an den Wahlurnen respektiert wird«. Neben weiteren Sanktionen verlangt die von den US-Abgeordneten Mario Diaz-Balart (Republikaner) und Deborah Wasserman Schultz (Demokraten) am Sonntag veröffentlichte Initiative, »unverzüglich Verhandlungen mit dem gewählten Präsidenten Edmundo González und der Oppositionsführerin María Corina Machado über einen friedlichen Machtwechsel« aufzunehmen. Dabei werde es »von entscheidender Bedeutung sein, dass unsere demokratischen Partner in der internationalen Gemeinschaft – insbesondere Kolumbien, Brasilien, Mexiko, Caricom (die Karibische Gemeinschaft, jW) und die EU – unsere gemeinsamen Bemühungen um eine transparente Überprüfung der Wahlergebnisse unterstützen«, heißt es in dem Text. Die EU kam der Forderung noch am selben Tag nach. Die vom Nationalen Wahlrat Venezuelas veröffentlichten Ergebnisse »können nicht anerkannt werden«, erklärte der Europäische Rat am Sonntag. »Von der Opposition veröffentlichte und von mehreren unabhängigen Organisationen überprüfte Kopien der Wahlprotokolle deuten darauf hin, dass Edmundo González Urrutia die Präsidentschaftswahl mit deutlicher Mehrheit gewonnen hat«, behauptet der Rat in seiner Erklärung weiter.

US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Donnerstag angekündigt, dass die USA mit ihren »internationalen Partnern« gemeinsam nach Wegen für »den Prozess der Wiederherstellung demokratischer Normen in Venezuela« suchen würden. Dass es dabei weder um Transparenz noch um Demokratie oder Menschenrechte geht, zeigt die Resolution der US-Kongressabgeordneten. »Die USA müssen die Maßnahmen gegen das gefährliche und antiamerikanische Maduro-Regime verstärken, das eng mit allen Gegnern Amerikas verbündet ist und gegen unsere nationalen Sicherheitsinteressen arbeitet«, erläuterte Díaz-Balart den Vorstoß auf X. Was damit gemeint ist, verriet der staatliche US-Auslandssender Voice of America in einem Beitrag am 1. August eher beiläufig mit dem Hinweis: »Venezuela verfügt über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt.« Und da die angesichts eines drohenden Krieges in Nahost für den Westen immer wichtiger werden, stört Maduro.

»Wenn diese Leute aus dem Norden und ihre Verbündeten in der Welt den Fehler ihres Lebens machen, dann werden die Öl- und Gasvorräte (…) an unsere Verbündeten der BRICS-Staaten gehen«, zitierte das Onlineportal Orinoco Tribune eine Erklärung des Staatschefs vom Freitag. Zuvor hatte Außenminister Yván Gil mitgeteilt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seinen venezolanischen Amtskollegen zur Teilnahme am BRICS-plus-Treffen eingeladen hat, das Ende Oktober im russischen Kasan stattfinden soll. Während Maduro eine BRICS-Mitgliedschaft Venezuelas anstrebt, sieht das Programm der Opposition um María Machado und Edmundo González die Privatisierung der Öl- und Gasindustrie des Landes vor. Der Konflikt erinnert an das Motto »It’s the economy, stupid« (Es ist die Wirtschaft, Dummkopf), mit dem William Clinton 1992 die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (6. August 2024 um 12:21 Uhr)
    Wen haben die US-Abgeordneten Mario Diaz-Balart und Deborah Wasserman Schultz gewählt? Edmundo González? Wo sind die Wahlunterlagen veröffentlicht?
  • Leserbrief von Detta Schaefer aus Massanes - Katalonien (6. August 2024 um 09:47 Uhr)
    Antiimperialistische Berichterstattung im Stil der 70er Jahre. V. Hermsdorf brillierte schon in seinen Nicaragua-Reportagen ebenso wie nun in Venezuela mit einer Brille, die das imperiale, hegemoniale US-Monster fokussiert, aber die inneren Widersprüche der korrupten Statthalterregime ehemaliger antiimperialistischer Nationen vollkommen ausspart. Ohne eine dialektische Betrachtung der permanenten und grausamen System-Change-Maßnahmen vor allem seitens der USA, die damit einher gehende und beabsichtige Verselbständigung patriarchaler, autoritärer, militärischer Machtstrukturen und der Verstrickung in Korruption und zweifelhafter Wirtschaftsstrukturen, um all das zu finanzieren, kann es keine Abbildung der Realität geben. Es geht um Annäherung an die Wahrheit und nicht um antiimperialistische Propagandareportage! Bzgl. der Bewertung der jüngsten Wahlergebnisse erwarte ich zumindest einen Versuch von Ihnen einer distanzierten Berichterstattung. Eindeutig ist, dass Maduro und CNE nicht gerade mit Transparenz glänzen. Auch wenn das Informatiksystem in der Wahlnacht gehakt wurde, müsste im nachhinein eine Zusammenstellung aller Lokalergebnisse möglich sein, Wiederholung der offiziellen Datenübertragung o. ä. Auch wenn der Artikel aus der neoliberalen El País (https://elpais.com/america/2024-08-04/la-noche-de-las-actas-perdidas-en-venezuela.html) mit Samthandschuhen anzufassen ist, sind die zusammengetragenen Informationen bedenklich. Meine konsultieren Kontakte in Venezuela halten sich mit einer so eindeutigen Wahlinterpretation, wie sie uns Hermsdorf verkauft, eher zurück. Seine einseitige Propagandaberichtserstattung trübt das Prestige einer Zeitung, die ich sehr schätze.

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