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Außerhalb des eisernen Käfigs

Von Mumia Abu-Jamal
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Vor wenigen Stunden erfuhren wir, dass Leonard Peltier bald seine Gefängniszelle verlassen kann. Er wird endlich den Ort hinter sich lassen können, der von indigenen Menschen das »Iron House« genannt wird, das »Eiserne Haus«. Am 18. Februar wird er sich auf den langen Weg nach Hause machen – nach North Dakota, wo er seit seiner Flucht nach Kanada 1975 und seiner Auslieferung in die USA im Frühjahr 1976 nicht mehr gewesen ist. Die Nachricht über seine Entlassung aus der Haft durch die präsidiale Anordnung des Expräsidenten Joe Biden wurde am selben Tag bekannt, als über 90 palästinensische Gefangene, in ihrer Mehrzahl Frauen und Jugendliche, aus israelischen Gefängnissen freigelassen wurden. Sie waren größtenteils ohne Anklagen in der sogenannten Administrativhaft in Israel interniert. Unter ihnen Khalida Dscharrar, gewählte Abgeordnete des palästinensischen Parlaments und Freiheitskämpferin der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Am anderen Ende der Welt erlangte sie ihre Freiheit wieder, als in den USA am 20. Januar der »Martin Luther King’s Day« begangen wurde.

Leonard Peltier war fast fünf Jahrzehnte lang im »Eisernen Haus« weggesperrt, erkrankte in dieser langen Zeit an Diabetes, litt unter zunehmender Taubheit seiner Hände und Füße und kämpfte gegen seine drohende Erblindung an. Grundlage für seine lebenslange Haft war 1977 das Urteil in einem Gerichtsverfahren, das die Vereinten Nationen als »Verletzung des Völkerrechts« kritisierten. Wenn Leonard Peltier am 18. Februar nach Hause gehen kann, dann werden die Menschen der indigenen Völker im ganzen Land, das für sie stets »Turtle Island« war, die »Schildkröteninsel«, deren Panzer die Rocky Mountains bilden, mit aufrechterem Gang voranschreiten, weil sie einen Sieg errungen haben in einem langen, langen Freiheitskampf.

Es war eine wundervolle und freudige Sache zu hören, dass Leonard den Rest seiner Tage außerhalb des eisernen Käfigs verbringen kann. Er wird wieder die Luft atmen können, die er in jungen Jahren atmete, er wird umgeben sein von seinen Enkelkindern und vielleicht sogar von seien Urenkeln. Er wird inmitten seines Volkes in North Dakota leben, wo er aufwuchs und als junger Mann die Reihen des American Indian Movement verstärkte.

Erinnern wird man wird sich Leonard Peltiers immer als mutigen Krieger für sein Volk, als einen phantastischen Künstler, der in der Haft Gemälde und Zeichnungen schuf, einen liebevollen Gefährten des globalen Stammes der Menschheit und einen Menschen, der sich selbst treu blieb trotz all der Gebrechen, die Zeit und Alter mit sich brachten. Gute Nachrichten kommen manchmal dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Die Nachricht von Leonards Entlassung hat uns einen sehr guten Tag beschert.

Übersetzung: Jürgen Heiser

In Rapid City, South Dakota, erklärte das indigene NDN Collective am 19. Januar, die Entlassung Leonard Peltiers sei »das Ergebnis von 50 Jahren generationenübergreifendem Widerstand und Organisierung«. Obwohl Hausarrest keine vollständige Freiheit sei, so Nick Tilsen, NDN-Gründer, »werden wir ihn ehren, indem wir ihn zurück in seine Heimat bringen, damit er den Rest seiner Tage im Kreise seiner Lieben verbringen, Heilung erfahren und sich wieder mit seinem Land und seiner Kultur verbinden kann«.

Peltiers Freiheit sei »Erinnerung daran, dass die gesamten sogenannten Vereinigten Staaten auf dem gestohlenen Land indigener Völker gebaut sind, und dass indigene Völker sich erfolgreich gegen jeden Versuch gewehrt haben, uns zu unterdrücken, zum Schweigen zu bringen und zu kolonisieren«, so Tilsen weiter. »Wir alle, die wir heute hier sind, stehen auf den Schultern von drei Generationen von Aktivisten, die Gerechtigkeit für Leonard Peltier erkämpft haben.« Dass Peltier endlich nach Hause gehen könne, sei »ein monumentaler Sieg«. (jh)

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