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Aus: Ausgabe vom 10.02.2025, Seite 4 / Inland
Palästina-Demonstrationen

Sprache zur Gefahr erklärt

Berlin: Polizei löst palästinasolidarische Demo gewaltsam auf. Arabische Reden, Sprechchöre und Musikeinlagen verstießen gegen Auflagen
Von Yaro Allisat
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Die Staatsmacht beginnt, ein Sit-in von palästinasolidarischen Protestierenden zu räumen (Berlin, 8.2.2025)

Angeblich verstieß die Demonstration gegen das »Friedlichkeitsgebot des Versammlungsfreiheitsgesetzes Berlins« und gefährdete die öffentliche Sicherheit: Die Berliner Polizei hat am Wochenende eine palästinasolidarische Kundgebung gewaltsam beendet. »Die Versammlung wurde um 17.03 Uhr von der Polizei für aufgelöst erklärt«, erklingt in einem vom linken Medienkollektiv »Red Media« auf der Plattform X veröffentlichten Video die Warnung einer Beamtin aus dem Lautsprecher eines Einsatzfahrzeugs. 40 bis 50 Menschen hakten sich unter und ließen sich auf dem gepflasterten Boden nieder. Die Polizei riss einzelne aus der Menge, räumte den Platz und nahm einige Demonstranten vorübergehend fest.

Die Kundgebung war vom »Vereinigten Palästinensischen Nationalkomitee« für Sonnabend angemeldet worden und konnte in Berlin-Schöneberg bis zum Nachmittag stattfinden. Die Demonstration stand unter dem Motto »Stoppt die Aggression in der Westbank! Keine Waffenlieferungen an Israel«. Das Vergehen der laut Polizei rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer: »fortwährende Verstöße« gegen zuvor mitgeteilte »Beschränkungen«, schallte es aus dem Lautsprecher.

Gemeint ist das in Berlin für ausgewählte Palästina-Kundgebungen erlassene Pauschalverbot der arabischen Sprache. Am Sonnabend störte sich die Polizei nicht nur an entsprechenden Redebeiträgen und Sprechchören, sondern auch an »Musikdarbietungen«, wie in dem Video zu hören ist. Erlaubt waren ausschließlich Englisch und Deutsch in Parolen und Reden. Die Demonstration durfte sich nicht vom Fleck rühren, damit die Polizei sie besser unter Kontrolle halten konnte. Laut Behördenangaben war fünf »Rädelsführern« vor Beginn der Kundgebung die Teilnahme verboten worden. Ein Eilantrag der Veranstalter gegen die Auflagen vor dem Berliner Verwaltungsgericht war am Freitag nicht erfolgreich.

Auf einer Demonstration des »Nationalkomitees« am 1. Februar hatten Aufnahmen zufolge Teilnehmer gerufen: »Wer eine Waffe hat, soll damit Juden erschießen oder sie der Hamas übergeben«. Die Polizei wirft Veranstaltern und Teilnehmenden unter anderem »antisemitische Äußerungen, Volksverhetzung sowie Angriffe auf JournalistInnen und Einsatzkräfte« vor. Dies dürfte der Versammlungsbehörde als Steilvorlage für das zurückliegende Wochenende gedient haben.

In der Vergangenheit hatte die Berliner Polizei bereits ein pauschales Sprachverbot verhängt, um nicht erst Parolen und Reden übersetzen und auf strafbare Äußerungen prüfen zu müssen. So beim Protestcamp »Besetzung gegen Besatzung« im April 2024, wo Arabisch und Hebräisch zwischenzeitlich verboten worden waren. Davon betroffen waren auch Gläubige, die im Camp in diesen Sprachen beten wollten.

Die Polizei behauptet, dass im Einzelfall geprüft werde, ob die zusätzlichen und härteren Auflagen ausgesprochen werden. Palästinasolidarische Aktivisten befürchten jedoch eine pauschale Anwendung angesichts des bisherigen harten Vorgehens der Polizei. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty Deutschland hatte in der Vergangenheit von teils unverhältnismäßigen Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gesprochen. Das »Vereinigte Palästinensische Nationalkomitee« war unter anderen Mitorganisator des Palästina-Kongresses im April 2024, der von der Polizei kurz nach Beginn durch das Eindringen in die Räumlichkeiten und das Abschalten der Elektrizität unterbunden wurde.

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