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Aus: Ausgabe vom 06.02.2025, Seite 4 / Inland
Palästina-Demonstrationen

Wieder Sprachverbote

Anhaltende Repression in Berlin: Polizei verbietet Arabisch auf einzelnen Palästina-Demonstrationen
Von Yaro Allisat
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Gegen Palästina-Demonstrationen geht die Berliner Polizei regelmäßig besonders hart vor (19.10.2024)

Die Polizei Berlin will künftig noch härter gegen palästinasolidarische Versammlungen vorgehen. Demonstrationen, die von Gruppen organisiert werden, von denen in der Vergangenheit angeblich Hetze und Gewalt ausgegangen waren, sollen zukünftig nicht mehr laufen dürfen, sondern nur noch als Kundgebungen stattfinden. Letztere sind laut Polizeiangaben leichter zu überwachen. Darüber hinaus sollen auf einigen Versammlungen arabische Parolen pauschal verboten werden und gegen sogenannte Rädelsführer schneller ein Teilnahmeverbot ausgesprochen werden. Die Methode ist nicht gänzlich neu. Bereits im April 2024 war die Polizei in die Kritik geraten, als für das palästinasolidarische Protestcamp vor dem Reichstagsgebäude ein Sprachverbot ergangen war. Neben Arabisch war damals auch Hebräisch untersagt worden.

Die verschärften Auflagen gehen der SPD nicht weit genug. Der Innenpolitiker Martin Matz forderte am Dienstag gegenüber der Berliner Zeitung, dass die Behörden wieder vermehrt Demoverbote prüfen sollten. Anlass der neuen Auflagen sollen Videos von einer Berliner Versammlung sein, die zuletzt auf der Plattform X kursierten, und auf denen angeblich antisemitische Parolen auf Arabisch gerufen werden. Die Polizei schrieb später dazu, »nicht an allen Stellen« konnte eine »durchgängige Übersetzung für eine sofortige Bewertung durchgeführt werden«. Der Staatsschutz ermittelt wegen möglicherweise strafbarer Parolen.

Von der Polizei Berlin hieß es am Mittwoch gegenüber junge Welt, die Maßnahmen würden für jeden Einzelfall geprüft und umgesetzt. Beispielsweise sei eine Demonstration am kommenden Sonnabend unter dem Motto »Stoppt die Aggression in West Bank! Keine Waffenlieferungen an Israel« in dieser Weise eingeschränkt. Demnach sind nur Englisch und Deutsch erlaubt, bei Verstoß werde die Veranstaltung aufgelöst. Die Polizei begründet ihr Vorgehen mit dem Versammlungsgesetz: Wenn es nicht möglich sei, eine Demonstration in geordnete Bahnen zu lenken, so müssten weitergehende Maßnahmen ergriffen werden.

Von der Senatsverwaltung für Inneres hieß es gegenüber junge Welt am Mittwoch, die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) habe stets betont, »dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit hohe rechtsstaatliche Güter« seien, die es »zu schützen« gelte. »Strafbare Aktionen oder straftatbewehrte Delikte werden von den Ermittlungsbehörden verfolgt.« Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte sich positiv zu den Auflagen. Gegenüber der B. Z. erklärte er am Mittwoch: »Die Versammlungsbehörde hat meine vollste Unterstützung, wenn sie harte Auflagen oder ein Verbot für Demonstrationen erlässt, bei denen zu Gewalt, Hass oder Mord aufgerufen wird.«

Die palästinasolidarische Organisation Student Coalition erklärte gegenüber jW, die neuen Regeln legalisierten die offen rassistische Gewalt, die die Polizei seit Monaten bei den Demonstrationen für die Solidarität mit Palästina ausübe.

Zu befürchten ist angesichts der Räumungen mehrerer Unibesetzungen im vergangenen und im laufenden Jahr sowie der Unterbindung des Palästina-Kongresses im vergangenen April, dass die Maßnahmen pauschal auf solidarische Demonstrationen angewendet werden. International hatte das Vorgehen von Polizei und Behörden in Deutschland mehrfach für Aufregung gesorgt. Von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Deutschland hieß es im vergangenen Juni, dass es in dem Zusammenhang zu »teils unverhältnismäßigen Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit« komme und eine »pauschale Kriminalisierung dieser Proteste und die Unterdrückung Palästina-solidarischer Stimmen im öffentlichen Diskurs mit den Menschenrechten unvereinbar sei«.

Angeheizt wird das Vorgehen der Polizei durch Beschlüsse von Bundes- und Landesregierungen, zum Beispiel die kürzlich verabschiedeten Resolutionen des Bundestags zum »Kampf gegen Antisemitismus«. Ein Verfahren zur vom Bundesinnenministerium verbotenen Parole »From the river to the sea, Palestine will be free« auf Demonstrationen ist aktuell vor dem Bundesgerichtshof anhängig. Das Bayerische Verwaltungsgericht hatte im Juni vergangenen Jahres ein Pauschalverbot der Parole abgelehnt.

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