Treuhandverwaltung verlängert
Von Knut Mellenthin
Die Ungewissheit über die Eigentümerstruktur und die Rohstoffversorgung des erdölverarbeitenden Unternehmens PCK in Schwedt an der Oder dauert auch im vierten Jahr an. Am Donnerstag wurde bekanntgegeben, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Treuhandverwaltung über zwei Töchter des russischen Rosneft-Konzerns, die zusammen 54 Prozent der Anteile an der PCK halten, um weitere sechs Monate verlängert hat. Die scheinbar einzige Alternative zur Verlängerung der Treuhandverwaltung wäre die Enteignung der Rosneft-Töchter gewesen, die mit juristischen und politischen Problemen und Risiken verbunden gewesen wäre.
Die Treuhandverwaltung war erstmals im September 2022 verhängt worden, um Russland und die Energieversorgung des Nordens von Vorpommern und Brandenburg für den Angriff auf die Ukraine zu bestrafen. Die Anordnung muss alle sechs Monate verlängert werden. Praktisch bedeutet diese Maßnahme, dass Rosneft zwar Mehrheitseigentümerin bleibt, aber keine betriebsbezogenen Entscheidungen mehr treffen kann. Weil außerdem aufgrund eines Alleingangs der deutschen Regierung – ähnliche Beschlüsse der EU gibt es bis heute nicht – seit dem 1. Januar 2023 kein russisches Erdöl mehr eingeführt werden darf, sank die Kapazitätsauslastung der PCK-Raffinerie im Jahresdurchschnitt 2023 auf unter 70 Prozent. Für 2024 wird sie mit 79 Prozent angegeben.
Dass die PCK-Raffinerie durch den Produktionsrückgang Marktanteile in erheblichem Ausmaß verloren hat, ist logisch und zwangsläufig. Den Nutzen hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem der halbstaatliche polnische Konzern Orlen. Auffällig ist, dass dieses Thema von keiner Seite jemals angesprochen wird: von den Medien nicht, von der Betriebsleitung nicht, von der brandenburgischen Landesregierung nicht und auch nicht von der Linkspartei, die inzwischen nicht mehr im Landtag vertreten ist.
Schon im September 2024 hatte die Bundesregierung die Verlängerung der Treuhandverwaltung an zwei Bedingungen geknüpft: Erstens muss Rosneft seine juristische Anfechtung dieser Zwangsmaßnahme ruhen lassen. Zweitens sollte der russische Konzern bis Jahresende einen Käufer für seine Anteilsmehrheit präsentieren. Beide Bedingungen gelten, einer Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zufolge, auch weiterhin. Nur dass Rosneft für die Suche nach einem Kaufinteressenten jetzt eine Frist bis zum Ende des laufenden Jahres hat.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Jochen Eckel/IMAGO09.07.2024
Schwedter Kraftstoff
- Jochen Tack/imago22.04.2023
Alles muss raus
- Joerg Carstensen/dpa17.03.2023
Nach dem Rosneft-Urteil
Mehr aus: Inland
-
Waffenruhe in Gaza bröckelt
vom 17.02.2025 -
»Ich attestiere Friedrich Merz Ahnungslosigkeit«
vom 17.02.2025 -
Gegen Geschichtsrevisionismus
vom 17.02.2025 -
Söders »Sofortplan«
vom 17.02.2025 -
»Die Genozide beginnen hier«
vom 17.02.2025 -
Kritiker unter Beobachtung
vom 17.02.2025 -
Die Wirtschaft wünscht
vom 17.02.2025 -
»Wir erleben momentan einen Rollback«
vom 17.02.2025