Kritiker unter Beobachtung
Von Yaro Allisat
Die palästinasolidarische Gruppe Handala Leipzig wird vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz als »extremistisch« eingestuft. Der Inlandsgeheimdienst behauptet, Handala verfolge aufgrund einer angeblichen Solidarisierung mit der Hamas Ziele, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker richteten. Laut einem Bericht der Leipziger Volkszeitung (LVZ) hat sich auch das sächsische Wissenschaftsministerium mit der Gruppe beschäftigt, da einige Handala-Aktive an der Universität Leipzig angestellt seien. Die Einstufung als »extremistisch« kann weitreichende Überwachungsmaßnahmen legitimieren, unter anderem das Überwachen von Wohnungen sowie den Einsatz von verdeckten Ermittlern.
Seit dem 7. Oktober 2023 ruft Handala regelmäßig zu Demonstrationen in Leipzig auf. Die Gruppe übt scharfe Kritik an der israelischen Besatzungspolitik und spricht von einem antikolonialen palästinensischen Befreiungskampf. Auch zum 1. Mai rief die Gruppe auf, gemeinsam mit den Gewerkschaften zu demonstrieren und forderte die IG Metall auf, sich gegen Waffenproduktion zu stellen. Zudem war Handala bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Riesa dabei. Gemeinsam mit Cuba Sí Leipzig demonstrierte der Verein unter dem Motto »Unblock Cuba« gegen das US-Embargo. Die Gruppe kritisierte zudem immer wieder die staatlichen Maßnahmen gegen die Palästina-Solidarität, wie beispielsweise das Verbot von Palästina Solidarität Duisburg (PSDU).
Handala taucht spätestens seit November 2023 im Bericht des sächsischen Geheimdienstes auf. Dort wird notiert, dass Handala neben weiteren palästinasoldiarischen Gruppen sowie den Organisationen Young Struggle, SDAJ und KO mit Parolen wie »From the River to the Sea« dem Staat Israel das »Existenzrecht« abspreche.
Der LVZ zufolge ist das Wissenschaftsministerium mit der Universität Leipzig im Austausch, »um mögliche Bestrebungen extremistischer Gruppen, ideologisch Einfluss zu nehmen, frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls darauf zu reagieren«. Der Studierendenrat hatte die Zusammenarbeit mit Handala schon seit Bestehen der Gruppe ausgeschlossen.
Handala ist damit ein weiterer Zusammenschluss aus der Palästina-Solidarität, der von staatlichen Repressionen betroffen ist. So bezeichnet der Geheimdienst auch die BDS-Kampagne als »extremistischen Verdachtsfall«. Seit November 2023 ist zudem ein Betätigungsverbot gegen den Verein Samidoun in Kraft. Erst kürzlich hatte der Bundestag außerdem zwei Resolutionen verabschiedet, in denen autoritäre Maßnahmen gegen (pro)palästinensische Stimmen gefordert werden.
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Leserbrief von Winfried Schmidt aus Leipzig (18. Februar 2025 um 10:46 Uhr)Der sog. sächsische Verfassungsschutz war nie sächsisch. Die Chefs kamen aus Saarbrücken, Reutlingen, Iserlohn, Karlsruhe und Bonn. Natürlich ging es nicht allein darum, den »Sachsensumpf« unter Kontrolle zu behalten oder dass an Edathys Namensgebung NSU das Wort Affäre anzuhängen ist. Vermutlich geht das viel tiefer. Den 89er Maidan betreffend, liebt man zwar den Verrat, traut aber nicht den Verrätern.
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