Ende der Legende
Von Gudrun Giese
Regelmäßig behaupten Politiker, die Krankenhäuser seien die Kostentreiber im deutschen Gesundheitssystem. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Studie »Gesundheits- und Krankenhausausgaben im europäischen Vergleich« des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) belegt. Die Kliniken hierzulande verursachen verhältnismäßig niedrige Kosten.
Durchschnittlich schlägt demnach eine stationäre Patientenbehandlung mit etwas über 6.000 Euro zu Buche, während dieser Wert in Dänemark bei mehr als 7.000 und in den Niederlanden sowie der Schweiz bei über 8.000 Euro liegt. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt werden in der Bundesrepublik und in den Niederlanden mit drei Prozent an der Wirtschaftsleistung die geringsten Anteile für die Krankenhauskosten im EU-Vergleich aufgewendet. Auch bei den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien die Kliniken nicht die Kostentreiber, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom Montag, die sich auf die DKI-Studie bezieht. So sei der Anteil der Krankenhauskosten an den Gesamtausgaben der GKV zwischen 2010 und 2022 von 36 auf 33 Prozent zurückgegangen. Damit trügen sie zur Effizienz der Krankenversicherung und zu stabilen Beiträgen bei.
»Krankenhäuser sind weder Kostentreiber der Gesundheitsausgaben, noch ist das deutsche Krankenhaussystem besonders teuer«, sagte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Auch wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und andere Politiker behaupteten, dass das deutsche Krankenhaussystem viel koste und damit den geplanten Umbau dieses Sektors begründeten, stimme das Gegenteil. Gerade wegen ihrer strukturellen Unterfinanzierung seien die deutschen Krankenhäuser gezwungen, effizient zu arbeiten. Inzwischen drohe immer mehr Krankenhäusern die Schließung aus wirtschaftlichen Gründen. »Es muss jetzt gehandelt werden, wenn es die politisch Verantwortlichen im Bund und den Ländern mit ihrer Verantwortung für die flächendeckende Gesundheitsversorgung ernst meinen«, so Gaß.
Die Aktionsgruppe »Schluss mit Kliniksterben in Bayern« fordert mit Verweis auf die DKI-Studie, die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser auf Selbstkostendeckung umzustellen. Dazu hatte die Gruppe 2022 eine Untersuchung vorgelegt, die die Praktikabilität dieses Finanzierungssystems belegte. »Unsere Studie zeigt: Die Selbstkostendeckung setzt enorme personelle Ressourcen frei und stoppt die auf Kosten der Allgemeinheit seit Jahren stattfindenden Gewinnabflüsse aus dem Krankenhauswesen«, erklärte Klaus Emmerich von der Aktionsgruppe und ehemaliger Klinikvorstand. Die Zahlen der DKI belegten nun wiederum, dass die deutschen Krankenhäuser unterfinanziert seien und dadurch ein unkontrolliertes Kliniksterben verursacht werde, so Emmerich in einer Mitteilung vom Dienstag. Minister Lauterbachs vorgeschlagene »Krankenhausreform« würde die Geldnot fortschreiben und falsche sowie teure Anreize zum Umbau der Krankenhauslandschaft hin zu Versorgungszentren ohne Notfallversorgung und Intensivmedizin setzen. Die Versorgung würde schlechter. Im vergangenen Jahr hatten das Bündnis Klinikrettung und die Aktionsgruppe »Schluss mit Kliniksterben in Bayern« ihr Konzept der Selbstkostendeckung für Krankenhäuser im Bundesgesundheitsministerium vorgestellt – und sich mangelnden Realismus vorwerfen lassen müssen. Klar, denn Profite für private Klinikbetreiber fallen dabei nicht an.
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