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Aus: Ausgabe vom 20.02.2025, Seite 6 / Ausland
Waffenruhe in Gaza

Israel instrumentalisiert Geiseldrama

Waffenruhe in Gaza: Hamas überstellt vier Leichname von Geiseln. Israelische Panzer töten zwei Männer
Von Jakob Reimann
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Mit seinen »Gazaplänen« hat US-Präsident Trump den Geiselaustausch eher in Gefahr gebracht (Tel Aviv, 17.2.2025)

Diesen Donnerstag will die Hamas die Leichen von vier Geiseln freigeben, die am 7. Oktober 2023 beim Angriff auf den Süden Israels entführt und in den Gazastreifen verschleppt worden waren, wie der Hamas-Funktionär Khalil Al-Haja mitteilte. Israels Regierung bestätigte die Vereinbarung, zu der Katar und Ägypten als Vermittler beigetragen hatten. Unter den Toten befinden sich auch Shiri Bibas und ihre zwei kleinen Kinder aus dem Kibbuz Nir Oz, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Der bei der Entführung erst neun Monate alte Kfir war der jüngste der 251 von der Hamas und anderen palästinensischen Gruppen Entführten, sein Bruder Ariel war vier Jahre alt. Auch der Ehemann Yarden Bibas wurde damals entführt und verwundet nach Gaza verschleppt, jedoch getrennt von seiner Familie festgehalten. Im Rahmen des Gefangenenaustauschs wurde er Anfang Februar von der Hamas freigelassen. Das Schicksal der Familie Bibas erregte weltweit großes Mitgefühl und wurde von rechten Kriegstreibern in Israel und im Westen wiederholt für eine Eskalation des Krieges gegen Gaza instrumentalisiert.

»Für viele Israelis«, kommentierte die New York Times am Mittwoch, sei die Entführung der Bibas-Familie »der Inbegriff der Grausamkeit des von der Hamas geführten Angriffs« am 7. Oktober. Insbesondere die »zwei winzigen Gefangenen« wurden zu »Symbolen der Geiselkrise«. Ihre Gefangennahme habe sich »in die nationale Psyche Israels eingebrannt«. Nach Angaben der Hamas seien die Mutter und ihre beiden Söhne bereits im November 2023 bei israelischen Luftangriffen getötet worden, was die israelischen Behörden jedoch nie bestätigten. Die Öffentlichkeit wurde so mit Vorsatz im unklaren über deren Schicksal gelassen, kritisieren viele Beobachter. Bereits nach Bekanntgabe ihrer Tötung durch Israel hatte die Hamas angeboten, ihre Leichen nach Israel zu überführen, was Netanjahu jedoch ablehnte. »Die israelische Regierung wusste offenbar seit 14 Monaten von ihrem tragischen Schicksal«, schrieb der palästinensische Journalist Mohammed Schehada Ende Januar auf Zeteo, »hat aber bewusst so getan, als seien sie noch am Leben, um aus dem Narrativ von palästinensischen ›Monstern‹, die ein Baby als Geisel halten, Kapital zu schlagen. Und Israel könnte ihr grausames Schicksal bald dazu nutzen, den Waffenstillstand zu sprengen.«

»Wir müssen zum Krieg zurückkehren und unsere Feinde vernichten«, forderte der kurz zuvor zurückgetretene extrem rechte Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir bereits als Reaktion auf die Freilassung des Vaters Anfang Februar. Und da der Tod der drei Familienmitglieder nun nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann, wird er für die Wiederaufnahme des Krieges herangezogen. »Israel hat jedes Recht, die Sache zu beenden und diese Terroristen vom Angesicht der Erde zu tilgen«, heißt es in einem Posting vom offiziellen Konto des US-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, der von Republikanern geleitet wird. Im Gegenzug für die Überbringung der vier Leichen wird Israel Berichten zufolge mehrere Hamas-Mitglieder sowie alle Frauen und Minderjährigen freilassen, die seit Beginn des Gazakriegs im Oktober 2023 festgenommen wurden. Da ein großer Teil von ihnen ohne konkrete Vorwürfe in Administrativhaft genommen worden war, handelt es sich bei vielen dieser Personen freilich ebenfalls um Geiseln.

Am Sonnabend sollen sechs lebende Geiseln freikommen. Laut der US-Nachrichtenseite Axios habe die Hamas vorgeschlagen, die Freilassung von drei Geiseln um eine Woche vorzuziehen und sie zusammen mit drei anderen Entführten vorzeitig auf freien Fuß zu setzen, um so daran mitzuwirken, die Fortführung des Waffenstillstandsabkommens nicht zu gefährden. Trotz der geltenden Waffenruhe hat Israel in Gaza erneut zwei Personen getötet. Panzer hätten in der Stadt Rafah im Süden des Küstengebiets das Feuer auf Palästinenser eröffnet und zwei Menschen getötet, hieß es aus einer Klinik. Insgesamt habe Israel seit Beginn des Waffenstillstands am 19. Januar mindestens 132 Palästinenser in Gaza getötet, berichtet das US-Magazin »Democracy Now«. Israel habe in diesem Zeitraum mehr als 260mal gegen die Waffenruhe verstoßen.

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