Teheran wartet weiter auf Milliarden
Von Knut Mellenthin
Bei einer Bank im Fürstentum Katar auf der arabischen Halbinsel liegen immer noch sechs Milliarden US-Dollar »eingefroren«, auf die Iran keinen Zugriff hat, obwohl sie rechtmäßiges Eigentum iranischer Unternehmen sind. Auf diese heikle, nur selten öffentlich erwähnte Tatsache machte das Staatsoberhaupt der Islamischen Republik, »Revolutionsführer« Ajatollah Ali Khamenei, am Mittwoch aufmerksam.
Anlass war ein Besuch des Emirs von Katar, Scheich Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani, in Teheran. Berichten iranischer Medien zufolge betonte Khamenei bei einem Treffen der beiden Staatsoberhäupter, dass Iran das Fürstentum als »befreundetes und brüderliches Land« betrachte. Daran ändere sich auch nichts durch »ungeklärte und ungelöste Angelegenheiten«, einschließlich des Problems der »eingefrorenen« Guthaben. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA zitierte den Ajatollah mit der Aussage: »Wir wissen, dass die USA das Haupthindernis bei der Umsetzung eines Abkommens sind, das wir diesbezüglich erreicht haben.« Iran erwarte jedoch von Katar, sich dem Druck Washingtons zu widersetzen und das Guthaben freizugeben.
Wie der Emir dazu Stellung genommen hat, war den iranischen Medien bisher nicht zu entnehmen. In der amtlichen Verlautbarung der staatlichen Nachrichtenagentur Katars wird der Vorfall nicht erwähnt. Beide Seiten haben über die Treffen Al Thanis mit dem »Revolutionsführer« und mit Präsident Massud Peseschkian überwiegend inhaltslose Floskeln verbreitet. Man habe »bilaterale Themen zur Sicherung der Interessen beider Länder diskutiert«, heißt es beispielsweise, und es seien »bedeutende Entscheidungen zur Vertiefung der Beziehungen und zur Eröffnung neuer Wege der Zusammenarbeit« getroffen worden. Der Handel zwischen Iran und Katar solle ausgebaut werden, wobei aber keine Zieldaten genannt werden.
Weiter heißt es in den iranischen Medien, Peseschkian habe dem Emir für die Vermittlerrolle des Fürstentums bei der Erreichung einer Waffenruhe zwischen der palästinensischen Hamas und Israel gedankt. Der Präsident habe die Notwendigkeit betont, mehr umfassende Maßnahmen der islamischen Länder zu unternehmen, »um die Leiden und Schmerzen der Bevölkerung des Gazastreifens zu mildern«. Gesprochen worden sei auch über die Lage in Syrien nach dem Sturz der dortigen Regierung. Beide Seiten seien sich einig, dass die territoriale Integrität und Souveränität des Landes gewahrt werden müssten und das gesamte syrische Volk an den Entscheidungen über seine Zukunft beteiligt werden müsse.
Die in Katar »eingefrorenen Guthaben« in Höhe von sechs Milliarden US-Dollar sind ursächlich südkoreanische Schulden für die Lieferung von iranischem Erdöl. Während seiner ersten Amtszeit als Präsident hatte Donald Trump 2018 die Auszahlung verboten. Im Zuge eines Gefangenenaustausches zwischen Iran und den USA gestattete Joe Biden im September 2023 den Transfer der iranischen Guthaben aus Südkorea auf ein Sperrkonto bei einer Bank in Katar. Das war jedoch mit der Auflage verbunden, dass Teheran darauf nur zugreifen dürfe, um den Import von »humanitären Gütern« wie Medikamenten und Lebensmitteln zu bezahlen. Die US-Regierung behalte darüber eine »strenge Aufsicht«, erklärte der damalige Außenminister Antony Blinken in einem Brief an den Kongress. Nach den Ereignissen vom 7. Oktober 2023 versicherte Blinken den Republikanern, Iran werde in absehbarer Zeit keinerlei Zugriff auf das Geld haben, und die US-Regierung behalte sich das Recht vor, die Guthaben erneut einzufrieren.
Anfang Oktober 2024 jedoch kehrte Präsident Peseschkian von einem Besuch in Katar mit der Behauptung zurück, nach einem Treffen der Zentralbankchefs beider Länder habe er mit dem Emir »ein gutes Einvernehmen« über den künftigen Umgang mit den Guthaben erreicht. Inwieweit das überhaupt stimmte, ist nicht bekannt. Die jüngsten iranischen Anmerkungen deuten jedenfalls darauf hin, dass Trump den Emir an das Fortbestehen des Freigabeverbots erinnert hat.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Hatem Khaled/REUTERS19.08.2024
Vermittlung oder Diktat?
- Hatem Khaled/REUTERS10.08.2024
Erste Entspannung in Nahost
- Sergei Bobylev/IMAGO09.12.2023
Werben um internationale Allianz
Mehr aus: Ausland
-
Kürzungen im US-Kriegsetat erwogen
vom 21.02.2025 -
»Wir wollen keine Komplizen eines Genozids sein«
vom 21.02.2025 -
Erdoğan legt Kapital Fesseln an
vom 21.02.2025 -
Russischer Vormarsch in Donezk
vom 21.02.2025 -
Friedensstifterin auf Abstellgleis
vom 21.02.2025 -
Bayrou unter Dauerbeschuss
vom 21.02.2025