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Aus: Ausgabe vom 25.02.2025, Seite 2 / Ausland
Konflikt in Ukraine

Rohstoffdiktat kommt voran

Abkommen über ukrainische Bodenschätze: USA nah am Ziel, Selenskij laviert
Von Reinhard Lauterbach
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Abbau von Bodenschätzen nahe der Stadt Gorliwka in der Ostukraine

Nachdem Präsident Wolodimir Selenskij am Sonntag auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz in Kiew die Aushandlung eines Abkommens mit den USA über Bodenschätze in der Ukraine noch brüsk von sich gewiesen hatte, gab es am Montag offenbar doch Fortschritte. Kiew und die Unterhändler Washingtons »befinden sich in der Endphase der Verhandlungen über das Mineralienabkommen. Die Verhandlungen verliefen sehr konstruktiv und fast alle wichtigen Details wurden finalisiert«, schreibt die Vizepremierministerin Olga Stefanischina auf X. Sie hoffe, dass es von beiden Seiten baldmöglichst unterzeichnet werde. US-Präsident Donald Trump fordert von der Ukraine wichtige Bodenschätze im Ausgleich für Hilfen, die das Land von seinem Vorgänger Joe Biden erhalten hat.

Selenskij hatte am Sonntag im Gegenzug noch die Finanzierung einer ukrainischen Armee von 800.000 Mann, die Stationierung ausländischer Truppen im Land und die Aufnahme der Ukraine in die EU verlangt. Vom NATO-Beitritt war keine Rede mehr. Auf US-Seite gab es daraufhin demonstrativen Gleichmut. Selenskij werde seine »Meinung« schon noch ändern und die Vereinbarung mit den USA »bis Ende der kommenden Woche« doch noch unterzeichnen. Die Financial Times berichtete unterdessen über einen anderen Beweggrund für den US-Druck auf Übereignung der Rohstoffe und der Infrastruktur: Es gehe darum, der in der Ukraine verbreiteten Korruption und den Insidergeschäften die Grundlage zu entziehen, indem alles ökonomisch Wertvolle direkt der Kontrolle der USA unterstellt werde.

Das Selenskij gegenüber kritische ukrainische Portal Strana.news schrieb in einer Analyse, dass das Rohstoffdiktat der USA Selenskij und seiner Präsidialverwaltung praktisch den jetzt unter Kriegsbedingungen vollständigen Zugriff auf die Kiewer Eigentumsverhältnisse und die entsprechenden Bereicherungsmöglichkeiten entziehen würde. Dies sei der wahre Grund für das Sträuben des Machthabers in Kiew. Tatsächlich hat Selenskij vor einigen Tagen mehreren ukrainischen Oligarchen per Dekret wesentliche Teile ihres Reichtums entzogen. Betroffen sind unter anderem Amtsvorgänger Petro Poroschenko und Exbankier Igor Kolomojskij. Ziel ist offenbar, sie als mögliche Finanziers oppositioneller Politiker in künftigen Wahlkämpfen auszuschalten.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (25. Februar 2025 um 10:36 Uhr)
    US-Treuhand für die Ukraine! Trumps Plan unterscheidet sich kaum von einer totalen Ausbeutung und Vernichtung des Staatsvermögens – auf treuhänderische Art, ganz nach dem Vorbild der BRD. Eigentlich hätte er sich einige noch lebende Experten aus der Bundesrepublik Deutschland zurate ziehen müssen, um seinen Plan als verdeckte Operation still und leise umzusetzen. Doch vermutlich kommt er mit dieser Idee zu spät. Bereits unter der Obama-Regierung setzten Victoria Nuland sowie Vizepräsident Biden mit seinem Sohn Fakten und trieben die Privatisierung wertvoller ukrainischer Staatsgüter voran. Dieser Prozess begann bereits 2015, sodass die Ukraine als Staat heute kaum noch nennenswerte Vermögenswerte besitzt. Und was ist schon eine Unterschrift von Selenskyj da überhaupt noch wert? Aus diesem Grund bin ich nicht überzeugt, dass das von euch angesprochene Rohstoffdiktat tatsächlich weiter voranschreitet.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (25. Februar 2025 um 07:34 Uhr)
    Mich wundert, dass betreffs der ukrainischen Bodenschätze seitens Russland kaum etwas zu vernehmen ist. Dass Trump sie einfach so für die USA reklamiert, kann Putin eigentlich nicht gefallen. Oder erhält er angemessene Gegenleistungen? In »Deals« kennt Trump sich bekanntlich aus! Aber auch darüber verlautet nichts. – Worüber werden Putin und Trump als nächstes verhandeln, was ihnen beiden nicht gehört? Hoffentlich geraten sie dabei nicht in Streit, das wäre gefährlich für den Weltfrieden!
    • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (25. Februar 2025 um 14:42 Uhr)
      Zu Ihren Anmerkungen: Was Putin betrifft, heißt es, er beurteilt andere nach ihren Taten und nicht nach ihrem Gerede. Trump und Putin werden verhandeln, weil es um ihre Interessen geht – insbesondere in Bezug auf die geopolitische Neuordnung der Welt. Was Ihren letzten Satz betrifft, habe ich den Eindruck, dass Sie – wie schon immer – eine moralisierende Haltung einnehmen, jedoch kleinkariert wie ein richtiger Kiebitz!
  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (25. Februar 2025 um 05:33 Uhr)
    »Es gehe darum, der in der Ukraine verbreiteten Korruption und den Insidergeschäften die Grundlage zu entziehen, indem alles ökonomisch Wertvolle direkt der Kontrolle der USA unterstellt werde.« Schon Kaiser Wilhelm II. glaubte, dass er nach Gründung des ukrainischen Staates unter deutscher Oberherrschaft mit den Erträgen der Schwarzerdeböden besser umgehen kann, als die Ukrainer. In den USA und in Deutschland hat man die Korruption nun »erfolgreich« bekämpft, indem man sie legalisierte und ihr den Namen Lobbyismus verpasste. Und schon ist es kein Delikt mehr, wenn alle Mandatsträger ab einer bestimmten Höhe öffentlich angeben, von wem sie ganz »uneigennützig« Aufsichtsratsposten annehmen, Einladungen hoch dotierte Vorträge zu halten, die keine Maus braucht, zu Urlaubsreisen als Teilnahme an Kongressen getarnt, wenn eine Bundeskanzlerin einen Bankenchef seine Geburtstagsfeier im Bundeskanzleramt feiern lässt. Der Satz »Eine Hand wäscht die andere« ist daher in Deutschland unbekannt und lediglich eine Übersetzung aus dem Ukrainischen oder Russischen. Jeder Arzt und jede Apothekerin verordnet oder empfiehlt in Deutschland garantiert nur Medikamente aus medizinischen Gründen. Nie hat sie ein Hersteller mit verlockenden Angeboten dazu veranlasst. Falls du zweifelst, beweise das Gegenteil. Warst du dabei? Na also! Auch ist es reiner Zufall, dass die Drehtür zwischen Konzernen, Banken, Investmentmanagern und Mandatsträgern in beiden Richtungen gut geölt und geräuschlos funktioniert. Wenn du brav die Entscheidungen in unserem Sinne triffst, halten wir dir derweil den nächsten Sessel warm. Ich bin davon überzeugt, dass die Korruption in Deutschland riesige Ausmaße hat. Doch entweder sie kann – umbenannt – ganz offen betrieben werden oder man setzt verfeinertere Methoden ein als in der Ukraine. Die USA sind mit ihrem MIK garantiert das korrupteste Land der Welt.

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