Rohstoffdiktat kommt voran
Von Reinhard Lauterbach
Nachdem Präsident Wolodimir Selenskij am Sonntag auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz in Kiew die Aushandlung eines Abkommens mit den USA über Bodenschätze in der Ukraine noch brüsk von sich gewiesen hatte, gab es am Montag offenbar doch Fortschritte. Kiew und die Unterhändler Washingtons »befinden sich in der Endphase der Verhandlungen über das Mineralienabkommen. Die Verhandlungen verliefen sehr konstruktiv und fast alle wichtigen Details wurden finalisiert«, schreibt die Vizepremierministerin Olga Stefanischina auf X. Sie hoffe, dass es von beiden Seiten baldmöglichst unterzeichnet werde. US-Präsident Donald Trump fordert von der Ukraine wichtige Bodenschätze im Ausgleich für Hilfen, die das Land von seinem Vorgänger Joe Biden erhalten hat.
Selenskij hatte am Sonntag im Gegenzug noch die Finanzierung einer ukrainischen Armee von 800.000 Mann, die Stationierung ausländischer Truppen im Land und die Aufnahme der Ukraine in die EU verlangt. Vom NATO-Beitritt war keine Rede mehr. Auf US-Seite gab es daraufhin demonstrativen Gleichmut. Selenskij werde seine »Meinung« schon noch ändern und die Vereinbarung mit den USA »bis Ende der kommenden Woche« doch noch unterzeichnen. Die Financial Times berichtete unterdessen über einen anderen Beweggrund für den US-Druck auf Übereignung der Rohstoffe und der Infrastruktur: Es gehe darum, der in der Ukraine verbreiteten Korruption und den Insidergeschäften die Grundlage zu entziehen, indem alles ökonomisch Wertvolle direkt der Kontrolle der USA unterstellt werde.
Das Selenskij gegenüber kritische ukrainische Portal Strana.news schrieb in einer Analyse, dass das Rohstoffdiktat der USA Selenskij und seiner Präsidialverwaltung praktisch den jetzt unter Kriegsbedingungen vollständigen Zugriff auf die Kiewer Eigentumsverhältnisse und die entsprechenden Bereicherungsmöglichkeiten entziehen würde. Dies sei der wahre Grund für das Sträuben des Machthabers in Kiew. Tatsächlich hat Selenskij vor einigen Tagen mehreren ukrainischen Oligarchen per Dekret wesentliche Teile ihres Reichtums entzogen. Betroffen sind unter anderem Amtsvorgänger Petro Poroschenko und Exbankier Igor Kolomojskij. Ziel ist offenbar, sie als mögliche Finanziers oppositioneller Politiker in künftigen Wahlkämpfen auszuschalten.
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