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Aus: Ausgabe vom 25.02.2025, Seite 6 / Ausland
Krieg in Syrien

Israel instrumentalisiert Drusen

Syrien: Netanjahu fordert »Entmilitarisierung« des Südens. Dort bildet sich ein Militärrat für ein autonomes Suweida
Von Nick Brauns
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»Ich habe das Recht, in einem freien und würdevollen Heimatland zu leben«: Banner in Suweida (20.2.2025)

Obwohl die syrische Übergangsregierung die Auflösung aller Kampfverbände und deren Eingliederung in eine neue Armee verfügt hat, gründete sich am Sonntag im südwestsyrischen Gouvernement Suweida ein Militärrat, der sich offen dieser Weisung widersetzt. Der vom desertierten Offizier Tariq Al-Shoufi geführte Militärrat tritt für einen »dezentralisierten, säkularen und demokratischen Staat« sowie Autonomie für Suweida als Siedlungsgebiet der Drusen ein. Die Regierung unter Präsident Ahmed Al-Scharaa lehnt dies ab.

Zwar sucht die Übergangsregierung derzeit den Dialog mit den Drusen, doch diese haben allen Grund, den aus der dschihadistischen HTS hervorgegangenen Herrschern in Damaskus zu misstrauen. So hatte die HTS in der von ihr kontrollierten Provinz Idlib der Religionsgemeinschaft 2022 die Ausübung ihrer Religion untersagt. Noch im September 2024 ließ Al-Scharaa per Dekret alle Vermögenswerte der Drusen in Idlib zugunsten der HTS beschlagnahmen.

Al-Shoufi betont die Notwendigkeit guter Beziehungen zu den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) im Nordosten des Landes, die gleichfalls für ein dezentrales Syrien eintreten. Doch ermutigt wurde die Gründung des Militärrates wohl von Israel. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass die Proklamation des Rates wenige Stunden vor einer Rede von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erfolgte, in der dieser die »vollständige Entmilitarisierung des südlichen Syriens«, also der Provinzen Deraa, Kuneitra und Suweida, forderte. »Wir werden nicht zulassen, dass Kräfte der HTS oder der neuen syrischen Armee in das Gebiet südlich von Damaskus eindringen«, so Netanjahu. Eine Bedrohung der Drusen werde nicht geduldet, brachte der Ministerpräsident sein Land, in dem eine drusische Minderheit lebt, als Schutzmacht der Religionsgemeinschaft in Stellung. Zuvor hatte Verteidigungsminister Israel Katz bei einem Truppenbesuch erklärt, die israelische Armee werde »auf unbegrenzte Zeit« auf dem Berg Hermon und in anderen im Dezember besetzten Gebieten Syriens bleiben und dort Kontakt zur Bevölkerung, insbesondere den Drusen, aufbauen.

Suweida grenzt nicht direkt an Israel oder das Besatzungsgebiet in Syrien. Doch realistisch gesehen könnten die drusischen Kampfverbände ohne Rückendeckung aus Israel einem großangelegten Angriff der HTS nicht standhalten. Das in einer arabisch-sunnitischen Umgebung gefährliche Stigma, als Verbündete Israels zu gelten, wollen viele Drusen dennoch nicht auf sich sitzen lassen. Für Dienstag sind in Deraa, Kuneitra und Suweida Demonstrationen angekündigt, um Netanjahus Ankündigungen zu verurteilen.

Unklar ist derweil noch, wie viele der etwa 160 verschiedenen bewaffneten Gruppen in Suweida tatsächlich hinter dem Militärrat stehen. So distanzierten sich am Montag mehrere in einem »Joint Operations Room« zusammengeschlossene größere Kampfverbände von dessen Erklärung. Auch eine Reihe drusischer Geistlicher bezeichnete den Militärrat als »illegitim«.

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